Ein Möhringer Elektroniker hat seinen Betrieb für eine Woche geschlossen, um mit seinen Mitarbeitern im Hochwassergebiet Beyenburg in Wuppertal zu helfen. Warum vieles anders lief als geplant und welche Erfahrungen die jungen Männer mitgenommen haben, berichten zwei der Helfer nach ihrem Hilfseinsatz.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Beyenburg an der Wupper hat es hart getroffen: Im Juli war wegen des Starkregens die Wupper-Talsperre übergelaufen, das Wasser ergoss sich auf die Fachwerkhäuser in dem östlichen Stadtteil Wuppertals. Mehr als 50 Häuser seien zerstört worden, berichtet Jakob Kanzler, „viele davon denkmalgeschützt“. Der Elektroniker war Anfang Oktober mit einigen Mitstreitern in Beyenburg, um ehrenamtlich zu helfen. Im Vergleich zum Ahrtal sei der Schaden überschaubar gewesen, „aber man hat dennoch gesehen, welche Kraft Wasser entwickeln kann“, sagt der 24-Jährige, der vor anderthalb Jahren die Firma Kanzler Elektrotechnik (KE) in Möhringen gegründet hat. Wie es im Ahrtal aussieht, weiß er aus eigener Erfahrung: Dort hat er mit Freiwilligen im Sommer bei den Aufräum- und vor allem Abrissarbeiten nach der Flut geholfen.

 

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Nun also der nächste Hilfseinsatz. „In Wuppertal geht es jetzt um den Wiederaufbau“, erläutert Kanzler. Zusammen mit drei Mitarbeitern, dem befreundeten Stuckateur Roberto Pagano aus Aichtal und weiteren Handwerkern und Restauratoren ging es am 4. Oktober an die Wupper – im Gepäck eine Brotspende der Möhringer Bäckerei Schrade und einen vom CVJM Möhringen bereitgestellten Anhänger voll Material und Maschinen von KE. „Handwerker werden dort jetzt dringend gebraucht“, sagt Kanzler.

Die Helfer wurden zunächst ausgebremst

Vor Ort allerdings erst einmal Ernüchterung: Die Häuser seien noch gar nicht so weit gewesen, dass Elektroinstallationen möglich gewesen wären. „Wir kamen an und wollten richtig was reißen“, sagt Kanzler. Zunächst sei sein Team enttäuscht gewesen, weil sie sich ausgebremst fühlten. Das währte allerdings nicht lange, denn tatkräftige Hilfe wurde dennoch benötigt. Kurzerhand arbeiteten die Elektroniker den Restauratoren zu, halfen beim Verputzen der Wände und mauerten Gefächer aus. „Wir sind flexibel. Als es hieß, die Elektrik fällt erst mal weg, haben wir alternative Arbeiten ausgeführt“, sagt Marek Schleeh von Kanzler Elektrotechnik.

In fünf Häusern hätten die Helfer gearbeitet. Das Miteinander zwischen Elektronikern, Maurern und den anderen Gewerken sei gut gewesen. „Und was wir langsamer gearbeitet haben, weil es nicht unser Fachgebiet war, konnten die Restauratoren schneller erledigen, weil wir ihnen zugearbeitet haben“, sagt Jakob Kanzler. Marek Schleeh fasst zusammen: „Wir sind mit einem guten Gefühl hin und mit einem guten Gefühl wieder zurück.“ Und dann waren doch noch die Fachkenntnisse der Elektroniker von Nöten: Sie haben den sogenannten Gefechtsstand, eine Art Kommandozentrale für den Einsatz der Helfer, neu verkabelt, kleinere Elektroinstallationsarbeiten und Reparaturen vorgenommen.

Nach wie vor auf Spenden und Hilfe angewiesen

Der Einsatz und die Menschen vor Ort seien ihnen im Gedächtnis geblieben, berichten die beiden Männer. „Die Anwohner haben uns freundlich aufgenommen“, sagt Schleeh. Sie hätten sich mit der Situation arrangiert, mit ihren teilweise oder vollständig zerstörten Häusern. Es sei ein gewisser Pragmatismus zu spüren gewesen. „Die Leute sind aber nach wie vor auf Spenden und Hilfe angewiesen.“ Eine kostenlose Unterkunft fanden die Helfer in der CVJM-Bildungsstätte Bundeshöhe nahe Beyenburg. Ein Oberstabsfeldwebel, der aus dem Flutgebiet komme, habe die Koordination der Hilfseinsätze vom Gefechtsstand aus übernommen, der an einem Spielplatz aufgebaut war. Dort gab es Essen, Werkzeug und Material für die Helfer.

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Die vier Mitarbeiter von Kanzler Elektrotechnik haben für ihren Hilfseinsatz Urlaub genommen, der Betrieb war für eine Woche geschlossen. „Dafür ist es jetzt stressig, weil wir alles reinarbeiten müssen, was sich in der Zeit aufgestaut hat“, sagt Jakob Kanzler. Trotz der nun längeren Arbeitstage kann sich der 24-Jährige gut vorstellen, im kommenden Frühjahr erneut in eines der Flutgebiete zu fahren. „Man spürt einfach die Dankbarkeit der Menschen. Das, und der Wunsch, zu helfen, sind Antrieb genug.“