Zur Aufklärung des Mordes an dem russischen Oppositionellen Boris Nemzow haben die Moskauer Behörden eine zwölfköpfige Sonderkommission eingesetzt. Kritiker fürchten trotzdem, die Tat werde nie aufgeklärt.

Moskau - Im Mordfall des hinterrücks erschossenen russischen Oppositionellen Boris Nemzow soll ein Sonderermittler die Untersuchungen führen. General Igor Krasnow, ein Experte für die Aufklärung von Verbrechen mit nationalistischem Hintergrund, werde eine zwölfköpfige Kommission leiten, wie russische Medien am Montag berichteten. Kritiker befürchten, dass die Tat nie aufgeklärt wird - wie frühere Attentate auf andere Kremlgegner. Polens Außenminister Grzegorz Schetyna warnte Russland vor einem weiteren Imageverlust.

 

An diesem Dienstag soll Nemzow um 15.30 Uhr Ortszeit (13.30 Uhr MEZ) auf dem Moskauer Prominentenfriedhof Trojekurowo beigesetzt werden. Freunde und Wegbegleiter des bekannten Oppositionspolitikers haben zuvor in den Räumen der Menschenrechtler vom Sacharow-Zentrum die Gelegenheit, sich von Nemzow zu verabschieden.

Zu der Beerdigung werden unter anderem der litauische Außenminister Linas Linkevicius und der polnische Senatspräsident Bogdan Borusewicz erwartet. Aus Deutschland haben sich die FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger angekündigt. Zu einem Trauermarsch für den früheren Vizeregierungschef im Zentrum von Moskau waren am Sonntag Zehntausende Menschen gekommen und hatten Blumen am Anschlagsort niedergelegt.

Der 55-jährige Nemzow, ein bedeutender Gegner von Präsident Wladimir Putin, war am späten Freitagabend mit vier Schüssen in den Rücken auf einer Brücke in Kremlnähe getötet worden. Nemzow starb am Tatort. Der Schütze entkam unerkannt. Putin teilte mit, es werde alles für die Aufklärung des „zynischen Mordes“ getan. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach von einem „abscheulichen Verbrechen“.

Nemzows Begleiterin hat die Täter nicht gesehen

„Der Tod von Boris Nemzow (...) ist eine große Anklage der russischen Politik“, sagte der polnische Außenminister Schetyna. Der russische Oppositionelle Garri Kasparow rief den Westen in einem Artikel im „Wall Street Journal“ auf, Russlands Führung unter Präsident Putin als kriminell zu verurteilen. „Wir werden vielleicht nie wissen, wer Boris Nemzow getötet hat, aber wir wissen, je eher Putin weg ist, desto größer sind die Chancen, dass das Chaos vermieden werden kann, gegen das Boris gekämpft hat“, meinte der Ex-Schachweltmeister.

Bei der Suche nach dem Täter gehen die Ermittler nach eigenen Angaben unter anderem einem möglichen Zusammenhang mit der Ukraine-Krise oder einer Spur ins islamistische Milieu nach. Die Personalie des Sonderermittlers Krasnow dürfte aber Hinweise auf die Hauptstoßrichtung der Behörden geben, meinten Kommentatoren.

Demnach könnte der Fall möglicherweise als Tat von Nationalisten gesehen werden, die aus Hass auf die prowestliche Opposition gehandelt haben könnten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Die Stadt Moskau wies Medienberichte zurück, nach denen zahlreiche Kameras der Videoüberwachung zur Tatzeit abgeschaltet gewesen seien. Alle funktionierten, hieß es. Die Aufnahmen würden ausgewertet. Zuständig dafür seien allerdings die Ermittlungsbehörden.

Nemzows 23-jährige Begleiterin Anna Durizkaja, die bei dem Attentat nicht verletzt wurde, gab an, den Täter nicht gesehen zu haben, weil er von hinten geschossen habe. Eine Tat aus Eifersucht schloss die Ukrainerin aus. Durizkaja gab Berichten zufolge an, Nemzow seit drei Jahren gekannt zu haben.