Bei einer bewegenden Trauerfeier nimmt Asperg Abschied von dem 18-jährigen Lukas G. Rund 500 Menschen begleiten ihn auf dem letzten Weg.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Als seine engsten Angehörigen zu dem Lied „Ich lass dich frei, mein Engel, ich danke dir“ der Sängerin Sotiria für den toten Lukas ein Herz aus Kerzen entzünden, mischen sich laute Schluchzer unter die stillen Tränen, die in den Reihen der Asperger Michaelskirche fließen. „Lukas, weinend winken wir dir nach, unsere Tränen wünschen dir alles Liebe“, sagt Petrus Ceelen. Der bekannte Theologe und Schriftsteller, der selbst in Asperg lebt, hält die Trauerfeier. „In dieser Stunde möchten wir dich nochmal in unsere Mitte nehmen und dir ganz, ganz nah sein. Und mit unseren kleinen Lichtern geben wir dir auch ein wenig Licht, Wärme, Liebe zurück.“

 

Mehr als 100 Trauergäste verfolgen die Zeremonie von draußen

Wir: Das sind Familie, Freunde, ehemalige Mitschülerinnen und -schüler, Lehrer, Kollegen, Mitsportler, Mitbürger. Rund 500 Menschen sind an dem strahlenden Frühlingsmittag, der in großem Kontrast zu dem für die Stadt schwarzen Tag steht, gekommen, um den bei einer Schießerei gestorbenen 18-Jährigen auf seinem letzten Weg zu begleiten. Rund 120 haben in der Kirche keinen Platz mehr gefunden und verfolgen die Trauerfeier auf dem Vorplatz, wohin sie übertragen wird. Im Altarraum der Kirche schaut Lukas den Trauergästen von drei großen Fotografien entgegen, auf einer lacht er ausgelassen vor dem Eiffelturm, ein anderes zeigt ihn lässig-elegant im Sakko. Ein junger Mann, der am Anfang seines Lebens stand und grausam herausgerissen wurde.

„Die Schüsse in der Nacht haben uns aus dem Schlaf der Sicherheit geweckt“, sagt Ceelen. „Uns kann in Asperg nichts passieren, dachten wir. Plötzlich ist das Sicherheitsgefühl dahin, die Schüsse hallen nach. Manche haben sie immer noch im Ohr, kriegen die schrecklichen Bilder nicht aus dem Kopf.“ Rund um die Uhr seien junge Menschen am Trauerort gewesen, „sie haben Nachtwache gehalten, Bäcker haben sie mit Gebäck versorgt. Und immer noch kommen Menschen, halten inne, legen Blumen hin, zünden Kerzen an, beten.“ Und Lukas’ „Brothers“ – seine Clique – seien zu seinen Eltern gegangen und hätten sie wortlos umarmt. „Wie weh es tun muss, Ihren Luki so hergeben zu müssen, das wissen nur Sie“, sagt Ceelen, „aber auch wenn Ihnen keiner Ihren Schmerz abnehmen kann, tut es gut zu spüren, dass so viele Menschen mit Ihnen mitfühlen, mitleiden, die Trauer mit Ihnen mittragen und den Schmerz mit Ihnen teilen möchten.“ So gerne er etwas Tröstliches sagen wolle, wisse er, dass Worte nicht trösten könnten: „Auch die schönsten Worte sind nicht die Antwort auf die Frage Warum. Warum wurde euer Luki so gewaltsam aus eurer Mitte gerissen? “

Und doch könnten Worte und Gedanken kaum feinfühliger, behutsamer und seelenvoller den letzten, für die Angehörigen so schweren Weg für Lukas bereiten, als diejenigen des 80-jährigen Seelsorgers es tun. Sie geben dem Abschied einen würde- und friedvollen Rahmen: ein Haltepunkt, wie die Familie und Asperg ihn brauchen können an so einem Tag. Zu der von Polizeipräsenz begleiteten, aber vollkommen still und friedlich verlaufenden Beisetzung legen Hunderte Menschen Rosen ins Grab und umarmen die, die mit dem Verlust weiterleben müssen.