Die Anhänger des Herausforderers Guillermo Lasso protestierten schon am Wahlabend lautstark. Nach sinem Wahlsieg übernimmt Lenin Moreno das Amt seines Parteifreunds Rafael Correa, der das Land zehn Jahre lang geführt hat.

Quito -   Die Botschaft war eindeutig: „Herr Correa, spielen Sie nicht mit dem Feuer“, sagte ein aufgebrachter Herausforderer Guillermo Lasso, der ganz offenbar mit einem Wahlsieg gerechnet hatte. Doch die offiziellen Zahlen, die der staatliche Wahlrat CNE am Sonntagabend bekannt gab, sehen Lenin Moreno mit 51,10 Prozent vorne. Damit kann die linksgerichtete Alianza Pais weiter regieren. Vizepräsident Moreno wird das Erbe des Linkspopulisten Rafael Correa, der nach zehn Jahren im Amt nicht erneut kandidierte, antreten. Lasso erkannte das offizielle Ergebnis allerdings nicht an, verweist auf Unregelmäßigkeiten sowie Fehlberechnungen und nennt die neue Regierung illegitim. Das sind schwere Vorwürfe und sie untergraben die Autorität des mutmaßlichen Wahlsiegers sowie das Vertrauen in die Demokratie.

 

Unregelmäßigkeiten überprüfen

Lasso wird nun stichhaltige Beweise für sein tiefes Misstrauen vorlegen müssen. „Wir lassen uns nicht die Stimmen klauen, die uns gehören“, rief er am Abend zu Protesten auf und stellte Dokumente ins Netz, die seine Sichtweise bestätigen sollten.   Das Szenario erinnert an den Fehlstart des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro 2013. Ihm warf die Opposition im Anschluss an einen ähnlich knappen Sieg wenige Wochen nach dem Tod von Revolutionsführer Hugo Chavez ebenfalls Unregelmäßigkeiten vor, die von der Justiz nie wirklich überprüft wurden. Das war der Beginn einer politischen Vertrauenskrise, die später zu Massenprotesten führte und von der sich Maduro bis heute nicht erholt hat.

Kein guter Start in eine neue Ära

Moreno ist deshalb gut beraten, die Vorwürfe ernst zu nehmen und von unabhängigen internationalen Beobachtern überprüfen zu lassen. Wenn alles mit rechten Dingen zu ging, hat er nichts zu befürchten. Im Gegenteil: Er ginge sogar gestärkt aus einer Überprüfung hervor. Eine Verweigerungshaltung wird die Fronten allerdings noch weiter verhärten und das Volk misstrauisch machen. Dass die Polizei aufgebrachte Anhänger Lassos vor der Wahlbehörde teils ruppig zurückweisen musste, ist ein kleiner Vorgeschmack, auf das was kommen kann. „Betrug, Betrug“, rief das eine Lager. „Wein doch, Banker, Wein doch“, konterten die Sieger. Ein guter Start in eine neue Ära war das am Sonntagabend jedenfalls nicht.   Der 64jährige Verwaltungswissenschaftler Moreno sitzt seit einem Raubüberfall im Rollstuhl. Er kann sich auf eine Mehrheit der linksgerichteten Alianza Pais im Parlament verlassen. Der Jubel über den Sieg im Regierungslager darf allerdings nicht über die Herausforderungen hinwegtäuschen, die sich der 64jährige Verwaltungswissenschaftler zu stellen hat.

Warnung vor einer Diktatur

Der erbittert geführte Wahlkampf hat tiefe Wunden hinterlassen. Der hauchdünn unterlegene Kandidat Guillermo Lasso, ein bürgerlich-konservativer Geschäftsmann, wurde von den regierungsnahen Medien als neoliberaler Banker präsentiert, der das Land ausrauben wolle. Lasso selbst warnte vor der Errichtung einer bevorstehenden Diktatur nach venezolanischem Vorbild. „Glückwunsch an die Kandidaten, die Hass als Strategie in der Kampagne etabliert haben. Dank Ihnen schlagen sich die Leute in den Straßen“, twitterte ein vom Stil des Wahlkampfes tief enttäuschter Ecuadorianer.   Wie Moreno in diesem Klima der schweren gegenseitigen Vorwürfe die tief gespaltene ecuadorianische Gesellschaft wieder zueinander führen will, bleibt abzuwarten. Er gratuliere Lasso zu den Stimmen, die er erreicht habe. „Wie immer, die Hand ist ausgestreckt“, sagte Moreno am Wahlabend in einer ersten Reaktion ohne zu wissen, dass ihm sein Rivale die Anerkennung später verweigern sollte.  

Keine Entscheidung ohne Peking

Schon bald werden Moreno die ersten Probleme einholen: Die Wirtschaftsdaten waren zuletzt rückläufig. Zwischen Teilen der indigenen Bevölkerung und der Regierung tobt ein heftiger Streit, weil Correa in deren Regenwald chinesische Konzerne nach Öl bohren lässt und ohne deren Zustimmung Schürfrechte nach Peking vergab. Umweltschutzorganisationen, Kirchen und indigene Verbände werden sich dagegen künftig noch heftiger wehren. Längst hängt Ecuador am chinesischen Tropf, ohne Peking wird in Quitos Wirtschaftspolitik kaum noch etwas entschieden. Moreno ist nicht mehr Herr im eigenen Haus und muss sich nun auch noch eines Makels beim Wahlergebnis erwehren, von dem niemand weiß, ob es ihm zurecht angelastet wird. Das alles schien ihn nicht zu stören. Er versprach vollmundig die sauberste Regierung in der Geschichte berufen zu wollen. Daran wird er sich messen lassen müssen.