Kaum jemals war es so schwierig, in Russland journalistisch zu arbeiten. Unsere Korrespondentin Inna Hartwich erlebt eine Mischung aus Zynismus und Verzweiflung.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Es war an einem Dienstagnachmittag, einem sonnigen Tag in Moskau. Einem dieser freundlichen Tage, von denen es viele gab, seit Wladimir Putin am 24. Februar seine „militärische Spezialoperation“ ausgerufen hat. In Moskau hat sich seitdem nichts verändert. Auf den ersten Blick. Die Stadt lebt das Leben einer Metropole. Autos rasen, hupen, stehen im Stau. Die Sonne scheint. Die Menschen eilen irgendwohin, rennen zum Bus, streben in die vollen Cafés. Auf der Moskwa schippern die Schiffe, bis die ersten Eisschollen sie aufhalten werden. Ein normales Leben, hätte man früher gesagt, als das Leben normal zu bezeichnen war. Auch nach dem 24. Februar will Russland mit aller Macht den Anschein erwecken, als sei alles normal.