Die Anwohner in Stuttgart-Büsnau unterstützen ein Positionspapier der vereinigten Arbeitsgemeinschaften gegen Motorradlärm. Darin werden Maßnahmen vorgeschlagen, die die Menschen an Lärmhotspots entlasten könnten.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Büsnau - Der Verein Vereinigte Arbeitsgemeinschaften gegen Motorradlärm (VAGM) ist aus einer Initiative des Arbeitskreises Motorradlärm im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) entstanden und tritt für diejenigen ein, die von Motorradlärm betroffen sind. Anfang Februar hat der VAGM ein Positionspapier aufgesetzt und an den Verkehrsausschuss des Bundestags geschickt. „Die Bundesratsinitiative vom 15. Mai 2020 zur Reduzierung des Motorradlärms war für uns Anwohner ein bedeutender Schritt. Endlich wird der Schutz der Bevölkerung vor unnötigem Lärm an Hotspots, in Naherholungsgebieten und Innenstadtlagen ernst genommen“, heißt es darin einleitend.

 

Der VAGM hat einen Zwei-Stufen-Plan ausgearbeitet zur Reduzierung der Lärmbelastung. Man denke an kurz- und mittelfristige Lösungen. „Einerseits ist unsere Lärmbelastung derart hoch, dass wir zum Schutz unserer Gesundheit Sofortmaßnahmen fordern müssen. Anderseits wissen wir, dass die notwendigen gesetzlichen beziehungsweise technischen Änderungen einen gewissen Vorlauf benötigen“, so die Stellungnahme.

Mehr Kontrollen an den Lärmhotspots

In Stufe 1 fordern die Arbeitsgemeinschaften die Einführung des „Tiroler Modells“ in besonders belasteten Regionen. Danach dürften extrem laute Motorräder mit einem Standgeräusch höher als 95 Dezibel in der Saison bestimmte Strecken nicht befahren. Es wirke auch gegen laute Bestandsmotorräder, denen mit neuen Zulassungsvorschriften nicht beizukommen sei. Der VAGM fordert zudem eine kontinuierliche Polizeipräsenz an diesen besonders belasteten Hotspots.

Mittelfristig, in Stufe 2, soll das Tiroler Modell an allen Hotspots deutschlandweit Anwendung finden. Zudem sollen Lärmobergrenzen festgelegt werden. Das soll auch gegen Pkw-Lärm helfen. Der VAGM fordert zudem, dass die Hersteller verpflichtet werden, nur noch Motorräder mit maximal 80 Dezibel in allen Betriebszuständen – analog dem Bundesratsbeschluss – herzustellen. Die Erzeugung künstlichen Lärms soll verboten werden. Zudem sollen mittelfristig unter anderem Lärmmessverfahren und der Bußgeldkatalog angepasst werden, die Arbeitsgemeinschaften wollen außerdem, dass Motorräder auch von vorne gekennzeichnet werden. „Unser Ziel ist es, Motorradfahren sozialverträglich zu machen. Wir möchten weder Motorradfahren über Gebühr reglementieren noch verbieten. Aber die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre auf Zulassungsseite und die gezielte Umgehung von Lärmschutz an der Quelle sind gesundheitsgefährdend und in hohem Maß belästigend“, schließt das Papier.

Die Probleme kennen die Büsnauer nur zu gut

Die Anwohner in Stuttgart-Büsnau, die seit Jahren gegen den Lärm auf der Magstadter Straße kämpfen, deren S-Kurve Teil der ehemaligen Solituderennstrecke ist, unterstützen die Stellungnahme des VAGM. „Die Problemstellung kennen wir ja nur zu gut. Mit legalen Klappenauspuffsystemen und gezieltem Sounddesign wurden die Fahrzeuge in den letzten Jahren in der Wahrnehmung nochmals deutlich lauter“, sagt Gerhard Stachorski. „Zudem müssen wir, in den wärmeren Monaten täglich, feststellen, dass sich Lärmenthusiasten eben nicht an Verkehrsregeln, Lärmdisplays und 40er-Schilder halten.“

Der im Positionspapier geforderten Sperrung bestimmter Strecken für besonders laute Fahrzeuge könne man auch in Büsnau etwas abgewinnen, die erhöhte Polizeipräsenz und Überwachung fordere man ohnehin. Das Zulassungsverbot von Fahrzeugen lauter als 80 Dezibel – auch bei Vollgas – klinge gut, sei aber „wegen des bei uns üblichen Bestandschutzes ein Thema, das erst über mehrere Jahre Erleichterung bringt“, so Stachorski. Er stellt erfreut fest, dass die VAGM-Empfehlungen sich größtenteils mit dem Beschluss des Bundesrats von Mai 2020 sowie dem Forderungskatalog der Initiative Motorradlärm Baden-Württemberg und dem Satzungsinhalt der bundesweiten Initiative Silent Rider decken – „die Verbände, Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften ziehen also zusehends am gleichen Strang“, sagt der Büsnauer.