Der MTV Stuttgart baut ein neues Multifunktionsgebäude auf seinem Vereinsgelände am Kräherwald in S-West. Warum sich die Landeshauptstadt mit einer großzügigen Finanzspritze beteiligt.

S-West - Preisfrage: Wie viel Raum benötigen 4,88 Millionen Euro? Antwort: Genau eine DIN A4-Seite. Martin Schairer, Bürgermeister für Sicherheit, Ordnung und Sport, hat den Bescheid über diese großzügige Finanzspritze gleich mit zum Baggerbiss auf das Vereinsgelände des MTV am Kräherwald gebracht, quasi als schriftliche Bestätigung des eindrucksvollen städtischen Zuschusses zum Bau eines Multifunktionsgebäudes einschließlich Turn- und Gymnastikhalle.

 

Zwar hängt die Baugenehmigung derzeit noch irgendwo innerhalb des städtischen Bauamts, aber da, wo gebaut werden soll, kann man ja ruhig schon mit dem Abriss beginnen. Und nach einem kurzen Crashkurs durch die anwesenden Mitarbeiter der Abrissfirma, bewegte die MTV-Präsidentin Ulrike Zeitler höchstpersönlich das tonnenschwere Bagger-Ungetüm, welches in den nächsten Tagen das rund 60 Jahre alte einstige städtische Betriebsmeistergebäude auf dem Gelände einreißen wird.

Schüler von 28 Schulen werden dort regelmäßig Sport treiben

Mit einem lauten Knall zerbarst zuerst eine Sicherheitsscheibe sowie die dazugehörige Aluminium-Einfassung. In den nächsten Tagen wird das Gebäude in seine Einzelteile zerlegt und die Wertstoffe recycelt.

„Dann wird hier ein Leuchtturm gebaut, mit viel Platz. Insgesamt 28 Schulen werden dort mit ihren Klassen regelmäßig Sport machen können“, sagte Bürgermeister Schairer erfreut. „Damit leistet der Verein einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Halleninfrastruktur in Stuttgart.“

Der Amtsschimmel wiehert, wird immer wieder gerne postuliert, wenn die Mühlen der Bürokratie zu langsam mahlen. Doch der Amtsschimmel kann auch Springreiten. Denn selbst nach dem Verkauf an die Stadt und Rückpacht des Vereinsgeländes an der Botnanger Furtwängler Straße fehlten dem Club noch ein paar Millionen, um das Neubauprojekt zu stemmen.

Selbst Klausurtagungen brachten keine Lösung für die Finanzierungslücke. Doch dann kam Ostern im vergangenen Jahr 2019, als der MTV Stuttgart die Mitarbeiter des Sportamts zum alljährlichen Maultaschen-Essen eingeladen hat – diese bestehen mittlerweile aufgrund des italienischen Pächters der Vereinsgaststätte „Al Campo da Gio“ aus der italienischen Variante der „Herrgottsbscheißerle“. Es handelt sich deshalb um hausgemachte Ravioli.

Das Gebäude hat 2285 Quadratmeter Nutzfläche auf 4,5 Ebenen

Das Rezept ist zwar geheim, doch irgendeine der Ingredienzien brachten Horst Jesinger vom Amt für Sport und Bewegung wohl auf die zündende Idee: Wenn Teile des Multifunktionsgebäude städtisch genutzt werden können und damit Kinder und Jugendliche von Kitas und Schulen dort Sport machen können, dann, ja dann kann die Stadt tatsächlich einen höheren Zuschuss genehmigen.

Und so geschah es dann auch. Mit weiteren 420 000 Euro beteiligte sich der Württembergische Landessportbund. Den Rest der Gesamtsumme von 8,24 Millionen Euro bringt der Verein samt Banken auf. Und so entsteht nun in moderner und umweltschonender Holzbauweise ein Gebäude mit 2285 Quadratmeter Nutzfläche auf 4,5 Ebenen inklusive zweier Sporthallen. „Das wird das moderne Aushängeschild unseres alteingesessenen Vereins mit langer Tradition“, sagte Ulrike Zeitler.

Der Baubeginn ist für Frühjahr 2021 geplant. „Sportpunkt“ wird das Leuchtturm-Projekt heißen. Jetzt fehlt nur noch der notwendige „Rote Punkt“. Vielleicht muss der Verein die Mitarbeiter des Bauamts auch mal zum Ravioli-Essen einladen.