Martin Elser stammt aus einer Mühlenbauerfamilie aus Walkersbach. Er hat unzähligen Müllern ihr Handwerk gelehrt – doch sein Wissen um den Mühlenbau droht verloren zu gehen.

Rems-Murr-Kreis - Er kennt sie alle in- und auswendig: Die Mäulesmühle im Siebenmühlental, die Herrenmühle beim Herrenbachstausee bei Adelberg, die Hagmühle im Welzheimer Wald oder auch die Kulturmühle in Rechberghausen. Die eine klappert fröhlich zu Vorführzwecken, die andere dient als Ausflugsziel, und die nächste als Museum. Und überall hat Martin Elser seine Hände im Spiel.

 

Denn genau das ist sein Beruf. Martin Elser (79) ist Mühlenbauer - und damit Vertreter einer Zunft, die es so nicht mehr gibt. Dabei war dieses Handwerk über Jahrhunderte wichtig für die Bevölkerung. An vielen Bach- und Flussläufen gab es Mühlen – und das nicht nur zum Mahlen von Mehl: „Es gab Schmieden, Hammerwerke, Sägewerke und auch Kalkmühlen“, sagt Martin Elser. Die Mühle habe dabei die vorhandene natürliche Energie in eine kontrollierte technische umgewandelt. Und damit das reibungslos funktioniert, dafür haben Mühlenbauer wie Martin Elser und seine Vorfahren gesorgt.

Sogar der spätere Minister Peter Ramsauer lernte bei ihm das Müllern

In seiner Familie, die aus Plüderhausen-Walkersbach stammt, waren alle Männer früher Mühlenbauer. Martin selbst lernte in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Handwerk von seinem Vater Eugen Elser. Auch dessen Bruder, seine Cousins und sein eigener Bruder wurden Mühlenbauer. Martin Elser war der letzte. Er lernte den Beruf in einer Zeit, in der das große Sterben der kleinen Mühlen in Deutschland bereits um sich griff. Sein Bruder sattelte irgendwann einmal um und wurde Polizist. Martin Elser blieb seinem Beruf treu. Anfang der 70er Jahre ging er schließlich an die Hoppenlauschule nach Stuttgart, unterrichtete 30 Jahre lang den Müllernachwuchs und gab so sein altes Wissen an die junge Generation weiter. „In der Region und auch im Land kenne ich fast jeden Müller“, sagt Elser.

Gerne erinnert sich der Plüderhausener an diese Zeit als technischer Lehrer und an so manchen Schüler oder Schülerin – darunter auch an der junge Peter Ramsauer, der 2009 Verkehrsminister werden sollte. Zu einer späteren, telefonischen Begegnung kam es zwischen dem ehemaligen Lehrer und dem damaligen Minister durch einen ganz besonderen Zufall. Denn Ramsauer stieg in ein Flugzeug, das von Mark Elser, Martin Elsers Sohn, als Flugkapitän gesteuert wurde. Der Sohn begrüßte den Minister und drückte ihm prompt ein Telefon in die Hand. „Das freut mich immer, wenn man zu den Schülern Kontakt halten kann“, sagt Martin Elser mit einem wehmütigen Blick.

Wer sich nach ihm um die historischen Mühlen kümmert, ist unklar

Ach, die Ära bis 2000 an der beruflichen Schule hat er genossen. Doch auch die danach, als Rentner. Denn da hatte er Zeit und Kraft, sich weiterhin um Mühlen zu kümmern. So fing der damals noch rüstige Senior an, Wasserräder im ganzen Land zu bauen. So kam die Hagmühle in Alfdorf zu ihrem neuen Wasserrad. Übrigens eine Mühle, die sein Vater und seine Brüder noch in den 30er Jahren eingerichtet hatten, wie Elser erzählt. Ebenso die Mäulesmühle, bei der sich inzwischen das zweite Wasserrad aus Elsers Händen dreht und die er jährlich wartet. Und ebenso die Herrenmühle und einige kleine Mühlen im Schwarzwald.

Für die Kulturmühle in Rechberghausen sollte er zunächst nur beratend zur Seite stehen, als es um die Renovierung ging. „Doch dann habe ich mich um die gesamte Ausstattung gekümmert“, sagt Elser. In ganz Deutschland sei er herumgereist und habe nach geeigneten Stücken für die Kulturmühle gesucht. Sie sollte schließlich in einen möglichst originalgetreuen Nachkriegszustand versetzt werden.

Inzwischen ist es ruhig geworden in Martin Elsers Leben. Vorbei die Zeiten, in denen seine vor sieben Jahren verstorbene Frau Sieglinde ihm den Rücken freihielt und er seinem Hobby Wasserradbau frönen konnte. Vorbei die vielen Reisen. „Mühlen interessieren mich nach wie vor“, sagt Martin Elser, doch die Kraft lässt nach. Ob er das Wasserrad der Mäulesmühle im nächsten Jahr reparieren kann, wird sich noch zeigen. Doch wer kann in Zukunft diesen Beruf ausüben? Wer kümmert sich um die historischen Mühlen? Martin Elser zuckt kurz mit den Schultern, sein Blick geht zum Fenster: „Meine Arbeit könnte ein Zimmermann übernehmen oder ein talentierter Müller“, sagt der Mann. Denn Mühlenbauer wie ihn vom alten Schlag wird es keine mehr geben.