Das Stadtarchiv kommt nicht in die Mühlgasse 6. Für beide Plätze gibt es aber neue Optionen.

Renningen - Die Mühlgasse 6 in Renningen ist für die Rankbachstadt Schmuckstück und Sorgenkind zugleich. Gerne möchte die Verwaltung eines der ältesten Gehöfte in Renningen sinnvoll nutzen, die Frage bleibt weiterhin: Wie? Zuletzt wurde der Wunsch verfolgt, dort unter anderem das Stadtarchiv unterzubringen, doch daraus wird nichts. Denn: Statt auf eine Million Euro käme dieses Unterfangen wohl auf weit mehr als zwei Millionen Euro, weshalb der Plan nicht weiter verfolgt wird. Das hat der Gemeinderat vor Kurzem einstimmig entschieden. Damit steht die Stadt quasi wieder am Anfang. Immerhin gibt es weitere Optionen, berichtet der Bürgermeister Wolfgang Faißt. Ob sie infrage kommen, wird noch untersucht.

 

Im Fall des Stadtarchivs ist die Entwicklung umso unglücklicher, da dieses momentan auch keine wirklich passende Bleibe hat. Die Räume in der Realschule sind zu klein, viele Unterlagen liegen gestapelt in einem Nebenzimmer. Das historische Haus in der Mühlgasse hätte nicht nur genügend Platz geboten, sondern auch noch ein passendes Ambiente. Doch mit der dafür eingeplanten eine Million Euro wäre die Stadt nicht weit gekommen, einer Machbarkeitsstudie zufolge wäre das Projekt mehr als doppelt so teuer. Einen Stolperstein bildet zum Beispiel die Traglast des Gebäudes. Je nach Nutzung muss ein Haus eine bestimmte Traglast aufweisen. Und die liegt bei „Schwergewichten“ wie Archiven und Bibliotheken noch mal um einiges höher als bei Wohnhäusern beispielsweise. „Als temporäre Lösung erscheint uns das viel zu teuer“, stellte Wolfgang Faißt im Gemeinderat klar. Die Politiker folgten dieser Ansicht. Das Archiv bleibt also weiterhin in der Realschule.

Archiv bleibt in der Realschule

Zumindest für die Platznot im Archiv hat sich eine vorübergehende Chance aufgetan: In der Realschule gibt es noch Kapazitäten, „wir können dem Archiv also einen Raum zuschlagen“, so Faißt. Im Zuge der Ganztagsentwicklung werde das Zimmer von der Schule irgendwann gebraucht. „Aber das gibt uns immerhin Luft auf fünf oder sechs Jahre.“ Für die Zeit danach, so hofft Faißt, könnte sich endlich eine langfristige Lösung aufgetan haben. Nämlich im ehemaligen Notariat. Dort wird zunächst das Bauamt einziehen – um die Platznot im Rathaus zu lindern. „Der Vorteil für das Archiv wäre dort, dass man nicht mal groß umbauen müsste“, sagt Faißt. In diesem Punkt hängt vieles davon ab, wie sich die Raumsituation im Rathaus entwickelt.

Doch was wird nun aus der Mühlgasse 6? Die ersten Überlegungen, was dort einmal entstehen könnte, liegen lange zurück. „Von Musikschule war schon die Rede, von der Stadtbibliothek und so weiter“, berichtet Faißt. Als Standort für die Musikschule schied die Mühlgasse 6 aber wegen der Akustik aus, für die Bibliothek hätte man die Statik des Gebäudes verändern müssen, „und wir wollten damit auch nicht so weit von der Schule weg“. Auch die Idee eines Kindergartens hat sich zerschlagen, „weil es nicht genug Platz für einen Außenbereich gegeben hätte“.

Option: Betreutes Wohnen

Schließlich entstand ein umfassendes Nutzungskonzept für eine Art Kulturzentrum. Die Idee: Im Scheunengebäude könnten im Erdgeschoss eine Kleinkunstbühne und ein Künstlercafé entstehen, im dritten Obergeschoss ein Kunstatelier mit Werkräumen. Das erste und zweite Stockwerk sollte dem archäologischen Museum und eventuell dem Heimatmuseum vorbehalten sein. Das Stadtarchiv hätte dem Plan nach ins Wohnhaus ziehen sollen, das außerdem noch Platz für Technik- und Benutzerräume geboten hätte.

Das Aus für das Stadtarchiv bringt dieses Konzept nun gehörig ins Wanken. Denn wenn das Archiv nicht umzieht, wird das aller Wahrscheinlichkeit nach auch für das archäologische Museum gelten, das ebenfalls vom Stadtarchivar Mathias Graner betreut wird. „Beides zu trennen, wäre nicht sinnvoll“, findet der Bürgermeister. „Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, ob der angedachte Verwendungszweck überhaupt noch Sinn macht?“

Eine Ratsentscheidung hierzu gibt es noch nicht. Da wäre allerdings auch noch eine ganz andere Möglichkeit: „Es gibt außerdem die Option, die Mühlgasse zu veräußern, um dort betreutes Wohnen einzurichten.“ Bekanntlich ist die Stadt schon lange auf der Suche nach einem geeigneten Standort für dieses Angebot. „Ob die Mühlgasse 6 dafür infrage kommt, wird auf Antrag der Freien Wähler gerade geprüft, zum Beispiel im Hinblick auf die Kosten und die Bausubstanz.“ Sobald es hierzu neue Erkenntnisse gibt, wird das Gehöft in der Mühlgasse erneut auf die Tagesordnung des Gemeinderats wandern.

Die Geschichte der Mühlgasse 6

Bei den Gebäuden an der Mühlgasse 6 handelt es sich um eines der ältesten Gehöfte in Renningen. Es besteht unter anderem aus einem Fachwerkwohnhaus aus dem 17. Jahrhundert, einer Fachwerkscheune von 1788 sowie weiteren kleinen Ställen und Scheuern. Die beiden Hauptgebäude sind damit zwischen 225 und 300 Jahre alt und entsprechen dem damals üblichen Baustil.

Eine besondere historische Bedeutung kommt der Mühlgasse 6 auch deswegen zu, da beim großen Ortsbrand im Jahr 1855 viele Hofanlagen zerstört wurden, andere wurden über die Jahre abgerissen oder umgebaut. 2002 kaufte die Stadt Renningen das Hofensemble, um es für die Öffentlichkeit zu erhalten. Es folgten wichtige Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an den zum Teil stark beschädigten Gebäuden. Seither gab es viele Ideen für eine Nutzung. Aktuell wird die Möglichkeit für ein betreutes Wohnen untersucht. Auch ein Kulturzentrum ist noch nicht vom Tisch.