Von Fließband bis Putzdienst: Ferienjobs sind oft mühsam. Aber man kann davon profitieren – und das nicht nur finanziell.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Stuttgart - Fabian steht jeden Tag an einem Schweißroboter in der Daimler-Produktion. Er legt ein Bauteil ein – ein winziger Arbeitsschritt auf dem Weg zu einem fertigen Mercedes – und wartet, dass die Maschine den Rest erledigt. Wenn der Schweißroboter mit einer Störung stehen bleibt, ist das noch einer der aufregenderen Momente. Derselbe Prozess wiederholt sich unzählige Male, egal ob Früh- oder Spätschicht. Fünf Wochen lang. Vor allem bringt der Job dem Studenten aus dem Landkreis Esslingen gutes Geld. Und sonst? „Ich weiß jetzt Abwechslung am Arbeitsplatz mehr wertzuschätzen“, sagt der 24-Jährige.

 

Ferienjobs sind zum Ausprobieren da

Genau das sieht auch Andrea Bosch von der Industrie- und Handelskammer Stuttgart (IHK) als großen Vorteil der Ferienjobs. Junge Menschen würden vor allem davon profitieren, einen Einblick in die Arbeitswelt zu bekommen, sagt die IHK-Bildungsexpertin. „Ein Vorteil ist auch die Erkenntnis, was man nicht machen will“, meint Bosch. Sie selbst habe in ihrer Jugend Ferienjobs gemacht – in dem Betrieb, in dem auch ihr Vater arbeitete. Über mehrere Jahre wechselte sie verschiedene Abteilungen durch und stand dabei auch mal am Fließband. „Das war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte“, sagt Bosch, deren Job heute kaum etwas mit dem von damals zu tun hat. Aber Ferienjobs zeigen natürlich nicht nur, was man nicht machen möchte: „Manchmal kommen junge Menschen darauf, dass ihnen die Praxis in einem Betrieb besser gefällt, als etwa weiter zu studieren.“

Mit Ferienjobs oder auch Praktika würde man auch etwas ausgleichen, was in den Schulen zu kurz kommt – die Berufsorientierung, glaubt Bosch: „Je mehr Gelegenheit zum Reinschnuppern desto besser.“ Nicht nur, ob der Traumjob wirklich so traumhaft ist, könne man über den befristeten Job in den Sommerferien herausfinden. Sondern auch, ob er die gewünschte Work-Life-Balance zulasse, sagt Bosch: „Der Weg zur Erfüllung führt über Ferienjobs.“ Je mehr Schüler und Studenten während der Ausbildungszeit aussortieren, desto eher wissen sie, welcher Job zu ihnen passt.

Aufgaben, mit denen man wachsen kann

Ferienjobs würden aber nicht nur Orientierung geben. Sie förderten auch die persönliche Entwicklung, meint Bildungsexpertin Bosch. Zum einen könne man herausfinden, wo die eigenen Stärken liegen. Menschen, die in Schule oder Studium schlechte Noten heimbringen, könnten sich in der Praxis manchmal entfalten. Zum anderen würden Schlüsselkompetenzen vermittelt, die für alle Jobs von Bedeutung seien: Pünktlich und verlässlich zu sein, eigenständige Entscheidungen zu treffen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Und manchmal auch „zu lernen, Dinge zu tun, die einem nicht gefallen“, sagt Bosch.

Ferienjobber Fabian würde zwar ungern Karriere in seinem Job am Schweißroboter machen. Er ist überzeugt, dass es vielen Leuten gut tue, einmal einen sehr praktischen Job zu haben – gerade bei Studenten, die sonst nur in der Theorie leben und später vielleicht in einem Unternehmen Entscheidungen über genau die Ebene der Produktion treffen, in der sie selbst gearbeitet haben. „Man gewinnt Respekt gegenüber den Leuten, die im Industriesektor arbeiten.“ Die IHK-Expertin Bosch appelliert deshalb an die jungen Leute: „Nehmt die Chance wahr, diese Erfahrung zu machen.“ Auch wenn die Arbeit auf den ersten Blick nicht nach dem Traumjob aussieht.

Was man man zu Ferienjobs wissen muss:

Altersbeschränkung:
Kinder bis einschließlich zwölf Jahre dürfen laut dem Jugendarbeitsschutzgesetz nicht arbeiten. 13- und 14-Jährige können mit Zustimmung der Eltern bis zu zwei Stunden täglich arbeiten. 15- bis 17-Jährige dürfen maximal vier Wochen pro Kalenderjahr während der Schulferien in Vollzeit arbeiten, also 20 Ferienjob-Tage. Jugendliche, die länger als sechs Stunden täglich im Restaurant oder an der Bäckertheke jobben, haben Anspruch auf eine Stunde Pause. Auch bei über 18-Jährigen dürfen Ferienjobs nicht länger als drei Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage im Jahr dauern. Nur dann handelt es sich auch um eine kurzfristige Beschäftigung, die sozialversicherungsfrei ist. Bei mehreren Ferienjobs im Laufe eines Jahres werden alle Arbeitstage zusammengerechnet. Außer in Krankenhäusern, Gaststätten und in der Landwirtschaft ist eine Tätigkeit samstags sowie an Sonn- und Feiertagen generell nicht zulässig.

Entlohnung:
Der Mindestlohn gilt auch für Ferienjobs. Deswegen liegt der Verdienst zwischen 8,84 Euro und 19 Euro pro Stunde. Im Durchschnitt verdient ein Ferienjobber laut Arbeitsagentur zwischen 9,50 und zwölf Euro pro Stunde. Auf den Kindergeldanspruch der Eltern haben Einkünfte der Sprösslinge übrigens keine Auswirkung.

Versicherung:
Ferienjobber sind über den Arbeitgeber unfallversichert, und zwar unabhängig von Dauer des befristeten Beschäftigungsverhältnisses und vom Verdienst. Unbezahlte Praktika sind übrigens ebenso versichert wie Mini-Jobs während der Ferien. Der Versicherungsschutz besteht auch auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause, hier greift die gesetzliche Unfallversicherung. Darüber hinaus haben Jugendliche auch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, für den Fall dass sie während des Ferienjobs erkranken.