Stuttgart bekommt ein Urban Arts Festival. Dafür werden Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer gesucht, die ihre Fassade für Wandmalereien in großem Format zur Verfügung stellen.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Pff.... Na, was ist das? Nein, falsch, es meint in diesem Fall nicht die Partei für Freiheit und Fortschritt, obschon es diese in Belgien tatsächlich gibt. Pff ist auch kein abschätziges Geräusch. Aber das ist schon mal die richtige Spur, die Buchstaben lautmalerisch zu nehmen. Pff... ja genau, das ist das Geräusch, das eine Spraydose macht.

 

PffFestival soll denn sehr wahrscheinlich auch folgerichtig ein neues Festival heißen, das im September in Stuttgart über die Bühne gehen soll. Wobei sowohl das Wort Festival irreführend ist – als dass auch die Bühne keine herkömmliche sein wird. Denn tatsächlich geht es darum, dass Stuttgart einige überdimensionale Wandbilder, sogenannte Murals, verpasst bekommen soll – und zwar von internationalen Künstlern.

In Stuttgart gibt es bisher keine großen Fassadenmalereien

Ausgedacht haben sich das Ganze Philipp Becker, Jan Ducks und Georg Waibel vom Studio Vierkant. Die drei gestalten Konzepte im Print- und Digitalbereich, arbeiten aber auch an analogen Wandbildern oder großen Fassadengestaltungen. „In den USA haben wir schon einmal so ein Festival betreut, da ging es um eine riesige Shopping Mall“, sagt Jan Ducks. Obwohl die Landeshauptstadt für ihre Graffiti-Szene durchaus bekannt ist, gibt es in Stuttgart solche Arbeiten bisher nicht.

Das soll anders werden. Deshalb setzten sich die drei hin und schrieben ein Konzept, das sie vor knapp eineinhalb Jahren dem Kulturamt vorlegten. „Schließlich brauchen wir für solch ein Festival Geld – und vor allem Flächen“, sagt Ducks. Doch ein Budget für solch ein Projekt hatte die Stadt damals nicht im Haushalt vorgesehen. Also wandten sich die drei an die kulturpolitischen Sprecher der Parteien mit der Botschaft, dass, wenn Stuttgart attraktiver werden soll, man Geld in die Hand nehmen muss. „Wir haben die Politiker daran erinnert, dass sie es sind, die dafür zu sorgen haben“, sagt Ducks. Parallel dazu sei beim Kulturamt der neue Fachbereich „Kunst im öffentlichen Raum“ entstanden, „da gab es gewisse Synergieeffekte“, so Ducks. Der Gemeinderat hat für diesen Fachbereich für den Doppelhaushalt 2022/23 Geld bereitgestellt. Aus diesem Topf erhält das PffFestival 280 000 Euro auf vier Jahre gesehen, also jährlich 70 000 Euro.

Einige Zusagen gibt es bereits, es dürfen aber noch mehr werden

Anfangs werde man deutlich mehr investieren müssen als im weiteren Verlauf des Projektes, denn die Kosten für die ersten Fassaden trägt das Festival: „Die Fassadenbesitzer kennen diese Wandbilder so noch nicht und können sie sich noch nicht vorstellen. Deshalb müssen wir investieren, damit sie uns einen Vertrauensvorschuss geben“, sagt Ducks. Später müssen die Fassadenbesitzer die Künstler für ihre Arbeit bezahlen. „In Mannheim, wo es seit Jahren ein ähnliches Projekt gibt, zeigt sich, dass dann die Hausbesitzer von selbst auf die Künstler zugehen“, sagt Ducks.

Genügend passende Fassaden gäbe es in Stuttgart. „Vor eineinhalb Jahren sind wir durch die ganze Stadt gefahren und haben passende Fassaden katalogisiert.“ Das Kulturamt habe ihnen später dabei geholfen, die Hausbesitzer zu finden, die dann allesamt angeschrieben worden seien. Mit Erfolg. Einige Zusagen haben die drei bereits, allerdings dürften es gerne noch mehr werden. „Wichtig ist uns besonders jetzt am Anfang, dass die Fassaden in zentraler Lage sind, sodass möglichst viele Menschen den Entstehungsprozess mitbekommen und das Bild wahrnehmen können.“ Im September bereits sollen vier internationale Künstler aus London, Lodz (Polen), München und Stuttgart die ersten Fassaden gestalten. „Wir wollten im ersten Jahr eine schlüssige Gesamtkuration“, sagt Ducks, „wir wollen mit etwas Figürlichem beginnen, dann gehen wir in die Abstraktion, machen etwas Typografisches sowohl wie auch klassische Malerei.“

In Stuttgart sollen bis 2025 mindestens 20 Fassaden gestaltet werden

Später wolle man die urbane Kunst immer weiter diversifizieren, schließlich sollen bis 2025 mindestens 20 großflächige Fassaden in Stuttgart gestaltet werden. Die Fassaden werden in den jeweiligen Jahren über einen Zeitraum von je einem Monat besprüht und bemalt und sollen sich auf alle Stadtteile verteilen. Ansprechen wolle man damit nicht nur junge Menschen: „Jeder, der ein kulturelles Interesse hat, wird positiv darauf reagieren“, sagt Ducks. „Er mag vielleicht den ein oder anderen Künstler nicht – aber das ist bei einem künstlerischen Angebot in der Großstadt nicht anders als im Museum.“

Das PffFestival

Ausstellung
Im Anschluss an die Bemalung der Flächen gibt es im Projektraum des Kunstverein Wagenhalle eine Gruppenausstellung mit den am Festival beteiligten sowie lokalem Künstlerinnen und Künstlern aus dem Genre.

Aufruf
Gesucht werden Hauseigentümerinnen sowie Hauseigentümer mit geeigneten Flächen, die Teil des Festivals werden möchten und ihre Fassaden zur Verfügung stellen.