Der historische Stadtrundgang durch Murrhardt wird am Sonntag, 13. Mai, eröffnet. Wer die Tour abläuft, bekommt alle paar Meter Fakten auf Infotafeln präsentiert. Wer Christin Schweizer mitnimmt, wird prächtig unterhalten.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - In Murrhardt, sagt Christian Schweizer, sei nach dem Zweiten Weltkrieg der „erste Schritt zurück zur Demokratie“ gemacht worden. Der Betreiber des privaten Carl-Schweizer-Museums steht vor dem Neubau der Alten Post. Das Gebäude ist dem einstigen Gasthaus nachempfunden, in dem am 20. Juni des Jahres 1945 eine denkwürdige Konferenz stattgefunden hat. Diese Zusammenkunft von 15 württembergischen Landräten gilt als der Wiederbeginn des parlamentarischen Lebens nach der Diktatur.

 

Die neue Alte Post ist eins von rund zwei Dutzend Gebäuden in Murrhardt, die an dem jetzt beschilderten historischen Stadtrundgang liegen. Die kleine Tour durch die Innenstadt wird am Sonntag, 13. Mai, im Schweizer-Museum offiziell eröffnet. Alle Gebäude sind mit Infotafeln bestückt, man kann sich also ganz allein auf die Socken machen und bekommt alle paar Schritte Episoden der Lokalhistorie serviert.

Die Geschichte von der Sündengasse

Wer indes mit Christian Schweizer auf Tour geht, der bekommt noch viel mehr. Dieser Mann kennt die Lokalhistorie vermutlich noch besser als seine sprichwörtliche Westentasche. Kurz nach dem Start des etwa einstündigen Rundgangs beim Rathaus steht die Kleingruppe mit Bürgermeister Armin Mößner vor dem einstigen Gasthaus Hirsch, das – man kann es nicht leugnen – schon bessere Tage erlebt hat. Das Restaurant ist geschlossen, das Haus solle saniert werden, erklärt der Schultes. Schweizer hingegen erzählt von anno dazumal, erläutert, warum das Gebäude genau 27 Fenster hat und warum der Haupteingang nicht mittig gebaut wurde. Die 27 Fenster verwiesen auf Psalm 27, so Schweizer. Und das Portal wurde ganz bewusst versetzt eingebaut, damit man beim Verlassen des Gasthauses keinesfalls in die „Sündengasse“ habe blicken müssen – jene Gasse, in der am 24. August 1765 der große Stadtbrand seinen Ursprung nahm. Heute heißt diese schmale Straße Brandgasse. Nur ein paar Meter weiter: das Gebäude Kronenmetzgerei. Zurzeit, sagt Mößner, werde der einstige Verkaufsraum der Metzgerei als Wohnung genutzt. Und Schweizer erklärt, dass das Fachwerkhaus, Baujahr 1745, den Stadtbrand unbeschadet überstanden habe.

Zähne ziehen im Badhaus

Ins Badhaus in der Grabenstraße kamen die Murrhardter einst, um sich zu waschen. Hier, sagt Schweizer, „konnte man sich auch Zähne ziehen und schröpfen lassen“. Die Grabenstraße war früher ein Seitenarm der Murr, nach dem Stadtbrand wurde der Graben dann mit Bauschutt gefüllt. Die einstige Nähe zum Wasser erklärt die Frage, warum dort so viele ehemalige Handwerkerhäuser stehen. Die Schmiede, die Küfer und andere Handwerker hantierten mit offenen Feuer. Notfalls, so Schweizer, habe man eine außer Kontrolle geratene Flamme schnell löschen können.