Der Prozess war mit Spannung erwartet worden und wurde dann nach nur wenigen Minuten verschoben: Der frühere ägyptische Präsident Mursi muss erst im Januar wieder vor Gericht erscheinen.

Der Prozess war mit Spannung erwartet worden und wurde dann nach nur wenigen Minuten verschoben: Der frühere ägyptische Präsident Mursi muss erst im Januar wieder vor Gericht erscheinen.

 

Kairo - Der mit Spannung erwartete Strafprozess gegen den abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi hat am Montag in Kairo mit lautstarken Tumulten begonnen. Der 62-jährige Islamist weigerte sich, das Gericht anzuerkennen. „Ich bin der legitime Präsident der Republik!“, schleuderte er ihm entgegen. Seine Mitangeklagten riefen im Chor: „Nieder mit der Militärherrschaft!“ Der Vorsitzende Richter Ahmed Saber unterbrach daraufhin die Sitzung. Als Mursi auch nach der Pause zu politischen Reden ansetzte, vertagte das Gericht die Verhandlung auf den 8. Januar kommenden Jahres.

Es war Mursis erster öffentlicher Auftritt, seit ihn das Militär am 3. Juli entmachtet und an einen geheimen Ort gebracht hatte. Kurz nach 7 Uhr Ortszeit setzte ein Militärhubschrauber den Ex-Präsidenten auf dem Landeplatz der Polizeiakademie in Neu-Kairo im Osten der ägyptischen Hauptstadt ab. Die Verhandlung fand im selben Raum statt, in dem auch dem 2011 gestürzten Langzeitherrscher Husni Mubarak der Prozess gemacht wird.

Mursi droht Todesstrafe

Mursi und 14 Spitzenfunktionäre der Muslimbruderschaft sind wegen der Tötung von Demonstranten angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihnen die Todesstrafe oder lebenslängliche Haft.

Der Prozessauftakt war von enormen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Militär und Polizei sperrten die Zugänge zum Verhandlungsort weiträumig ab. Panzer der Armee riegelten auch die beliebtesten Demonstrationsorte von Kairo ab, darunter den Tahrir-Platz im Zentrum sowie den Platz vor der Raba-al-Adawija-Moschee im Osten der Stadt. Dort hatten die Muslimbrüder nach dem Sturz Mursis wochenlang demonstriert, bis ihre Dauerkundgebung von den Sicherheitskräften blutig aufgelöst wurde.

Im behelfsmäßig hergerichteten Saal der Polizeiakademie gab sich Mursi kämpferisch. „Ich bitte das Gericht, diese Farce hier zu beenden“, sagte er. „Hier hat ein Putsch stattgefunden. Die Führer dieses Putsches gehören vor Gericht“, erklärte er mit Blick auf den Armeekommandanten Abdel Fattah al-Sisi, der Mursis Sturz orchestriert hatte. An diesem Punkt unterbrach Richter Saber die Sitzung erneut. Nach wenigen Minuten kehrte der Gerichtssekretär in den Saal zurück und teilte den Beschluss mit, dass der Prozess auf den 8. Januar vertagt werde.

Tumulte und Handgreiflichkeiten

Zuvor hatte der Richter beanstandet, dass Mursi einen dunklen Anzug trug und nicht die für Untersuchungshäftlinge vorgeschriebene weiße Gefängniskluft. Auch kam es zwischen Verteidigern und einigen Prozessbeobachtern zu Handgreiflichkeiten. Der Prozess wurde im Fernsehen nicht übertragen. Die zugelassenen Reporter durften keine Bild- oder Tonaufzeichnungsgeräte in den Saal bringen.

Später strahlte das staatliche ägyptische Fernsehen Bilder aus, die Mursi und die anderen anwesenden Angeklagten im Anklagekäfig zeigten. Nach der Vertagung des Prozesses wurde Mursi mit einem Hubschrauber in das Gefängnis Borg al-Arab bei Alexandria gebracht.

Vor der Polizeiakademie und vor Gerichten in Kairo demonstrierten jeweils mehrere hundert Anhänger der Muslimbruderschaft gegen den Prozess. Sie riefen Parolen wie „Nieder mit der Militärherrschaft!“ und „Mit unserem Leben und unserem Blut verteidigen wir den Islam!“

Die Bundesregierung ermahnte Ägypten zum Auftakt des Prozesses zur Einhaltung von „rechtsstaatlichen Grundsätzen“. Erneut appellierte das Auswärtige Amt an die neue Führung in Kairo, die inzwischen verbotene Muslimbruderschaft in den politischen Dialog einzubinden.