Unter der Stettener Y-Burg stehen im Museumsweinberg 17 alte Rebsorten. Der Premierenwein, eine Cuvée im „gemischten Satz“, verspreche ein leichter, vielschichtiger Trinkwein zu werden, sagt Wengerter Jochen Beurer.

Kernen - Das ist ein Rohling, der muss sich noch entwickeln“, sagt der Stettener Wengerter Jochen Beurer. In dem Fass, aus dem er im ausgewählten Kreis der Mitstreiter und Sponsoren des „Rettet-die-Reben-Projekts“ kleine Proben zieht, befinden sich rund 120 Liter des Ersterzeugnisses vom Museumsweinberg unter der Y-Burg. Ein „gemischter Satz“, wie er er einst die Regel war, mit vielen verschiedenen Sorten. 17 sind es im Fall des im Werden befindlichen musealen Tropfens, allesamt alte Rebsorten, die eigentlich schon fast ausgestorben sind und deren Erhalt der Sinn des vor vier Jahren angelegten Museumswengerts ist.

 

„A kleins Stinkerle“ konstatiert Beurer beim Duft des noch entwicklungsbedürftigen Weins, der zunächst tatsächlich einen recht derben Eindruck in der Nase entfaltet. Die Hefe macht sich im Geschmack noch bemerkbar und eine herbe Säure. Das wird sich geben, ist Beurer sicher, der den damals komplett brach liegenden Schlössleswengert vor einigen Jahren gekauft hat. Zusammen mit den Aktivisten des Stettener Vereins Allmende um den Heimatforscher und Weinerlebnisführer Eberhard Kögel sowie mit dem Mit-Ideengeber und Stuttgarter Boteca-Betreiber Bernhard Lobmüller hat er das Projekt „Rettet die Reben“ in Angriff genommen. Das Ziel war, möglichst viele Rebsorten anzupflanzen, die einst vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit in den hiesigen Gefilden angebaut worden waren. Der „gemischte Satz“ aus früh und spät reifenden und mehr oder weniger frostempfindlichen Sorten diente einst der Sicherheit der Wengerter, im Zweifelsfall durch Witterungsumstände nicht die komplette Ernte zu verlieren.

Ein Quadratmeter Trockenmauer kostet 500 Euro

Im vierten Jahr stehen nun die Reben von Sorten wie Affenthaler, Adelfränkisch, Heunisch oder Räuschling direkt unter der Y-Burg, auf Terrassen, für welche die alten Trockenmauern mit viel Aufwand wieder aufgebaut worden sind. 500 Euro koste der Quadratmeter Wengertmäuerle, berichtet Eberhard Kögel. Das sei auch mit ein Grund, weshalb das Projekt auf Sponsoren angewiesen sei.

Die „Rekultivierung mittelalterlicher Rebsorten im Remstal“ wird auch in einem Buch dokumentiert, für das der Stuttgarter Verlag Edition Randgruppe das Projekt von Beginn an begleitet. Der Erscheinungstermin soll sein, wenn der Premierenwein in einem halben Jahr in Flaschen gefüllt ist. Ein sehr angenehmer, leichter Tropfen sei da zu erwarten, meint Beurer: „Das gibt einen Trinkwein, der etwas Elegantes hat, frisch und vielschichtig.“

Die Trauben werden per pedes zertreten

Frost im Frühjahr 2011 ist übrigens daran schuld, dass der Erstlingswein erst der 2012er ist. Die Triebe der 2009 gepflanzten Reben waren damals großteils erfroren, die erste Lese fiel aus. Im vergangenen Herbst war es dann so weit gewesen: Bei strahlendem Sonnenschein hatten die Lesehelfer am Ende rund 150 Kilogramm Trauben im Zuber gehabt. Wie einst seien die Trauben dann mit den Füßen getreten worden, berichtet Jochen Beurer – „mit sauberen Gummistiefeln“. Auf Reinzuchthefen ist bei dem Wein aus den historischen Sorten verzichtet worden. Beurer setzt in seinem Keller ohnehin auf Spontanvergärung.

Den Hauptanteil im 2012er gemischten Museumswengertsatz bildet die Sorte Honigler, die heute noch als Mèzes in Ungarn angebaut wird und einst hierzulande als Weisse Urbanitraube im Wengert gestanden ist. Die Reben, die unterhalb der Y-Burg stehen, stammen großteils von dem Rebensammler und -wissenschaftler Andreas Jung aus der Pfalz.