Nach nur rund einem Jahr wird in Stuttgart zum letzten Mal das Musical „Chicago“ aufgeführt. Der Nachfolger „Rocky“ kommt im Herbst in die Stadt – aus Hamburg.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Die Spatzen haben es längst von den Dächern gepfiffen – nun ist es offiziell: Das Musical „Chicago“ ist angezählt, im Herbst wird es von „Rocky“ abgelöst, wie auf einer Pressekonferenz am Donnerstag im Palladium Theater bekannt gegeben wurde. Dass „Chicago“, das dort erst im November 2014 Premiere feierte, so schnell abgesetzt wird, ist für den Mit-Geschäftsführer der Stage Entertainment, Michael Hildebrandt, nichts Ungewöhnliches. Man habe „nicht mehr die Naivität wie vor 20 Jahren, als man vielleicht noch geglaubt habe, dass ein Musical ewig am selben Standort laufen könne“, sagte Hildebrandt auf Nachfrage. Es sei also ein ganz normaler Planungsvorgang, dass nun „Rocky“ nach drei erfolgreichen Jahren in Hamburg und rund einer Million Zuschauer nach Stuttgart wandere.

 

Auch den Vorwurf, dass Stuttgart einmal mehr nur zweite Wahl sei und eine Produktion aus Hamburg übernehme, will Hildebrandt nicht gelten lassen. Er verweist auf Musicals wie „Wicked“ und „42nd Street“, die in Stuttgart ihre Deutschlandpremiere feierten. „Wir kämpfen immer für das Beste für Stuttgart“, sagt der Mann, der seit mehr als 20 Jahren im Geschäft ist und auch beim Start mit „Miss Saigon“ schon dabei war. „Mit Rocky bringen wir ein echtes Juwel nach Stuttgart“ – und eine Eigenproduktion, die Hildebrandt selbst mitentwickelt hat und die es als erstes deutsches Musical an den Broadway geschafft hat; wenn auch für nur sechs Monate.

„Tarzan“ geht in Stuttgart in eine weitere Runde

Somit ist ebenfalls klar, dass das seit Herbst 2013 laufende Disney-Musical „Tarzan“ in eine weitere Runde am Stuttgarter Standort geht. Dies wiederum sei ein Erfolg, an den man laut Hildebrandt „nicht wirklich hätte denken dürfen“. Im Gegensatz zu „Chicago“, ein „Musical für Fortgeschrittene“, bei dem der Funke auf das breite Publikum einfach nicht überspringen wollte, handelt es sich bei „Rocky“ um ein aufwendiges Spektakel, in dem auch die Technik im Vordergrund steht.

Clemens Weissenburger, der Technical Supervisor der Stage Entertainment, bezeichnet die Technik gar als einen „eigenen Darsteller, der Rocky ständig begleitet. Alles ist echt, alles bewegt sich“. Höhepunkt der Kulissenschieberei ist der finale Boxkampf zwischen Rocky Balboa und Apollo Creed, für den der Ring ins Publikum gehoben wird. 70 Zuschauer aus den ersten Reihen müssen derweil auf der Bühne Platz nehmen, damit aus dem Theatersaal eine Sportarena wird.

Kritiker konstatiert „lyrische Tiefschläge“

Dennoch würden in der Show, die in Hamburg 15 Millionen Euro gekostet hat, auch „Räume für die ganz privaten Momente in Rockys Leben geschaffen“, sagt der künstlerische Leiter Christoph Drewitz. Schließlich ist das Drama über einen Boxer auf der Verliererstraße und dessen „Streben nach Glück“ auch eine Liebesgeschichte, bei der es laut eines „FAZ“-Berichts zur Hamburg-Premiere allerdings „lyrische Tiefschläge“ gebe. So singt Rocky unter anderem: „Die Nase hält noch. Sie ist nicht gebrochen, sie ist nicht mal blau. Und ich, ich finde keine Frau.“ Erste Kostproben wurden am Donnerstag auf der Probebühne des Palladium Theaters zum Besten gegeben. Nach einem Filmeinspieler, in dem Rocky zum Welterfolg „Gonna fly now“ durch die Straßen von Stuttgart rennt, wurde gesungen – natürlich auch der größte „Rocky“-Hit „Eye of the Tiger“.

Ein genauer Termin für die Premiere steht noch nicht fest. Möglicherweise besteht die Chance, nach zuletzt Phil Collins bei „Tarzan“ mal wieder richtige Prominente nach Stuttgart zu bekommen, sind neben Sylvester Stallone doch auch die Klitschko-Brüder an der Produktion beteiligt. Aus der Ferne jedenfalls ruft der einzig wahre Rocky: „Nachdem Hamburg Rocky auf der Bühne unsterblich gemacht hat, geht es jetzt mit Stuttgart weiter!“ Und der Stage-Geschäftsführer Hildebrandt kann sich freuen, „dem loyalen und erfahrenen Publikum“ am zweitwichtigsten Standort etwas ganz Großes bieten zu können.