Sie treten in die Fußstapfen der ersten Boygroup der Welt, die Real Comedian Harmonists. Und haben mit Kevin Tarte und Stefan Wolf prominente Unterstützer.

Stuttgart - Acht Jahre waren ihnen nur vergönnt. Acht Jahre des Erfolgs, des Ruhms, der Bewunderung. Dann ließen die Nazis die erste Boygroup der Welt, die Beatles Deutschlands, verstummen. 1935 gaben die Comedian Harmonists ihr letztes Konzert – in Norwegen. Doch Harry Frommermann, Robert Biberti, Erich Collin, Roman Cycowski, Ari Leschnikoff und Erwin Bootz haben mit ihrem ganz eigenen Sound Unterhaltungsgeschichte geschrieben. Selbst wer ihre Namen nicht kennt, hat sich schon vom „kleinen grünen Kaktus“ piksen lassen, mit „Veronika“ den Lenz gefeiert oder von „Wochenend’ und Sonnenschein“ geschwärmt. Bis heute finden sie Bewunderer und Nachahmer. Auch in Stuttgart. Für die Revue „Comedian Harmonists“ am Alten Schauspielhaus hatten sich die Tenöre Tobias Rusnak, Loïc Damien Schlentz, die Baritone Michael Rapke und Marc Trojan, Bass Tobias Hagge und Pianist Florian Fries gefunden. Der Erfolg war so groß, dass sie als The Real Comedian Harmonists auf Tour gehen und am 8. September und am 16. September im Amphitheater am Mercedes-Museum auftreten. Gefördert werden sie dabei von Sänger Kevin Tarte und dessen Partner Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall.

 

So leicht und doch so schwer

Es hört sich so leicht an. Und ist, wie so oft bei großer Unterhaltung, doch so kompliziert. Marc Trojan erinnert sich gut daran, als er erstmals dem Comedian Harmonists begegnete. Auf einem Kreuzfahrtschiff war er zum Zerstreuen der Passagiere engagiert, als der Impressario kurz darüber nachdachte, eine Show mit Liedern der Comedian Harmonists zu versuchen. Dann aber abwinkte: „Das ist zu schwierig für Euch, das könnt’ Ihr nicht singen!“ Trojan war „tödlich beleidigt“. Musical hat er studiert und dachte, „wieso soll ich das nicht singen können“? Als er dann aber für die Revue am Alten Schauspielhaus genommen wurde, merkte er: „Er hatte recht. Die Lieder zu lernen kostet Blut, Schweiß und Tränen.“ So werde zum Beispiel beim „kleinen grünen Kaktus“ jedes „Hollari“ und „Hollaro“ beim Refrain anders gesungen als das vorige, „das wechselt nur um ein My“, aber das zu treffen erfordere ungemein viel Arbeit und Proben.

Aufnahme in Dänemark

Das erste Problem hatte sich Florian Friess gestellt. Es gibt nämlich keine Noten zu den Stücken, erzählt Trojan, „die haben das alles aus dem Kopf gesungen“, sagt er bewundernd. So hörte sich Friess die alten Schelllackplatten an und schrieb den Stimmensatz neu. Bei Friess auf der dänischen Insel Ärö haben die Real Comedian Harmonists eine CD mit den berühmtesten Abendliedern aufgenommen. Friess wohnt übrigens in Dänemark, weil er einst in Berlin eine Wohnung suchte und dabei auf eine Anzeige stieß: Ostseeinsel sucht Bewohner. Aber das ist eine andere Geschichte.

Auftritt auf einem Flugzeugträger

Apropos Anzeige. „Achtung. Selten. Tenor, Bass (Berufsanfänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schönklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht“, so suchte Harry Frommermann am 18. Dezember 1927 im Berliner Lokal-Anzeiger Mitstreiter. In seiner Mansarde, Stubenrauchstraße 47, gründeten sich die Comedian Harmonists. Sie wurden zu Weltstars, Cycowski war überzeugt: „Wir waren viel besser als die Beatles.“ In den USA sangen sie 1934 auf einem Flugzeugträger vor der versammelten Atlantik- und Pazifikflotte. In der Heimat wurden da schon die ersten Auftritte abgesagt, weil Frommermann, Collin und Cycowski jüdischen Glaubens waren. Einen der letzten gemeinsamen Auftritte hatten sie Ende 1934 in der Liederhalle. Am 22.2.1935 werden Biberti, Bootz und Leschnikoff in die Reichsmusikkammer aufgenommen, verbunden mit dem Verbot, „weiterhin mit diesen Nichtariern zu musizieren“. Cycowski, Frommermann und Collin verlassen Deutschland und touren noch bis 1940 als Comedian Harmonists. Die anderen drei machen als Meistersextett weiter. Bei einem Auftritt im Hospitalhof, erinnert sich Trojan, habe ihn eine alte Dame angesprochen und erzählt, sie habe das Meistersextett noch in Stuttgart gesehen. So schließt sich der Kreis dieser Geschichte, die sehr viel über Deutschland erzählt.