Claudia Raiser-Endres ist begeisterte Posaunenspielerin – und leitet seit Kurzem die Musikschule Korntal-Münchingen. Doch die 46-Jährige setzt sich nicht nur für Blechblasinstrumente ein: Ihre Wirkungsstätte soll ein Treffpunkt für alle Menschen der Stadt sein.

Korntal-Münchingen - Den Posten hat sie getauscht mit ihrem Vorgänger, der jetzt ihr Stellvertreter ist. Ihre Büros allerdings, die nebeneinander liegen, haben beide behalten: „Wir haben uns in unseren Büros gut eingerichtet“, sagt Claudia Raiser-Endres, die neue Leiterin der Musikschule Korntal-Münchingen. Peter Meincke, der die Einrichtung in der Alten Lateinschule kurz nach der Gründung im Jahr 1980 aufgebaut und bis vor Kurzem noch geleitet hat, ist einen Schritt zurückgetreten. „Die Musikschule war 40 Jahre lang in einer Hand. Da war uns ein ruhiger Übergang wichtig“, sagt Claudia Raiser-Endres. Sie war seit dem Jahr 2017 die stellvertretende Schulleiterin.

 

Doch die 46-Jährige führt nicht nur die Musikschule. Sie unterrichtet dort auch, musiziert, nimmt an Auftritten und am Konzertgeschehen teil. Außerdem ist sie die Geschäftsführerin der Jugendphilharmonie, das ist das Sinfonieorchesters der Musikschulen im Landkreis Ludwigsburg. Seitdem sie acht Jahre alt ist, gehört besonders die Posaune zu ihrem Leben. Der Leiter ihrer Musikschule damals sei Posaunist gewesen, habe sie ein paar Instrumente ausprobieren lassen. „Am schlüssigsten hat er wohl die Posaune erklärt“, sagt Claudia Raiser-Endres und lacht. Auch Akkordeon spielte sie schon als Kind, das fasziniere sie. Mit einem Instrument müsse man sich aber identifizieren, sagt Claudia Raiser-Endres. „Ich bin eine Blechbläserin“, stellte sie für sich fest.

„Man lernt wahnsinnig viel über sich selbst“

Schon während des Abiturs war sie Jungstudentin an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Dort sowie in Karlsruhe und Berlin studierte sie Posaune, Musikpädagogik, Orchestermusik und Kammermusik. Bereits zu Beginn des Studiums unterrichtete sie an der Korntal-Münchinger Musikschule. Ein Instrument zu lernen, sei mehr, als zu musizieren: „Man lernt wahnsinnig viel über sich selbst.“

Lesen Sie aus unserem Angebot: Die Musikschulen im Strohgäu contra Corona

Da gehe es um den Umgang mit der Lust – oder auch mal Unlust – zu üben, darum, was der Körper leisten kann und will. „Musizieren ist vergleichbar mit Leistungssport“, sagt Claudia Raiser-Endres. Das Produkt sei der Erfolg. Mit dessen Hilfe würden der Spaß und die Begeisterung gehalten. „Ich möchte die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Unterrichten ein Erfolg wird, denn der kommt mit dem Anleiten.“ Die 46-Jährige ist eine Verfechterin der Breitenbildung. Sie sieht die Musikschule als eine „zentrale, bereichernde Anlaufstelle für musikalische Bildung“. Sie wolle sie als kulturellen und gesellschaftlichen Treffpunkt für alle Menschen der Stadt zugänglich und attraktiv machen. Schon seit vielen Jahren setzt sich Claudia Raiser-Endres für neue Angebote ein: Zum Beispiel für mehr Angebote für Erwachsene und Unterricht in Form von Workshops und in zeitlich flexibleren Formaten. So gibt es eine Zehnerkarte für den Musikunterricht, die Termine werden individuell mit der Lehrkraft vereinbart.

Ein Instrument fehlt noch

Künftig möchte Claudia Raiser-Endres etwa das Angebot für Senioren ausbauen. Sie hält sich aber noch bedeckt. Es gebe Ideen, noch sei aber offen, welche umgesetzt würden. Doch sie weiß aufgrund der Chor- und Orchesterarbeit um die Faszination bei Menschen, Teil eines Klangkörpers zu sein. „Mir macht diese Vielfalt so großen Spaß: Wir haben Angebote für Jung und Alt, für jeden Leistungsstand und Wunsch – und wenn es etwas noch nicht gibt, führen wir das eventuell ein. Dazu haben wir Möglichkeiten und schöne, eigene Räume.“ Was bisher lediglich als Instrument zur Verfügung steht, ist die Tuba. „Wir unterrichten alles, jedoch fehlt uns noch ein Tubalehrer beziehungsweise eine Tubaklasse“, sagt Claudia Raiser-Endres. Das wolle sie gern ändern.

Claudia Raiser-Endres betont, sie lege grundsätzlich viel Wert darauf, sich mit den Einrichtungen der Stadt – Kindergärten, Schulen, Volkshochschule, Musikvereine, Chöre – zu vernetzen. „Wir wollen keine Konkurrenz sein, aber musikpädagogisch haben wir hier beste Fachkräfte. So können wir die Leute dort abholen, wo sie stehen.“

Vorteile einer frühen musikalischen Bildung

Generell biete eine Musikschule mehr als individuellen Unterricht. „Die Möglichkeit, Teil einer größeren Sache zu sein“, sagt Claudia Raiser-Endres: Teil der musikschuleigenen Chöre, Orchester und Ensembles sowie der weiteren Angeboten dank der Kooperationen. „In jungen Jahren kann man bei Kindern tolle Bausteine legen“, sagt Claudia Raiser-Endres. Es würden Grundlagen geschaffen, auf denen man später als Erwachsener aufbauen könne, gerade nach einer musikfreien Phase in der Pubertät, wie sie immer wieder erfolge.

Mit Kindern hat Claudia Raiser-Endres in mehrfacher Hinsicht Erfahrung: Sie hat drei Söhne, die sie betreute, während sie zehn Jahre lang als Tagesmutter gearbeitet hat. Als die eigenen Kinder groß waren, engagierte sie sich mehr in der Korntal-Münchinger Musikschule, auch in der Verwaltung. Und sie absolvierte eine Ausbildung zur Musikschulleiterin. „Ich wollte wissen, ob das etwas für mich ist“, sagt Claudia Raiser-Endres. War und ist es.

Musikschule Korntal-Münchingen: Aus zwei mach eins

Zusammenschluss
 Im Jahr 2020 feierte die Musikschule Korntal-Münchingen ihr 40-Jahr-Jubiläum. Es hätten viele Veranstaltungen stattgefunden, hätte nicht die Coronapandemie dazwischengefunkt. Die heutige Musikschule ist ein Zusammenschluss der Musikschulen Korntal und Münchingen. Am 14. Januar 1980 war die Gründungsversammlung. Im Frühjahr bewarb sich der damals 27 Jahre alte Peter Meincke auf die Stelle des Schulleiters. Er hatte zu dem Zeitpunkt gerade sein Referendariat zum Gymnasiallehrer abgeschlossen. Im September wurde der Betrieb im Alten Schulhaus in Münchingen aufgenommen. In Korntal fand der Unterricht in verschiedenen Gebäuden statt, unter anderem in der Alten Lateinschule. Erst im Jahr 1993 beschloss der Gemeinderat deren Übergabe an die Musik- und Volkshochschule, die bisher dort beheimatete Strohgäuschule zog nach Münchingen um.

Chortradition
 Heute unterrichtet die Musikschule mehr als 1600 Schülerinnen und Schüler, davon etwa 1000 in Einzel- und Gruppenunterricht. Über 90 Prozent der mehr als 40 Lehrkräfte sind fest angestellt. Das Singen war immer wichtig: 1981 wurde der Kinderchor Münchingen gegründet. Damit, so heißt es in der Festschrift, sei der Grundstein gelegt worden für eine lang anhaltende Chortradition, die die Arbeit der Schule noch bis heute präge.