In der slowakischen Hauptstadt wurden zwei Menschen erschossen. Auch der Schütze ist tot. Seine Tat soll er in den sozialen Medien dokumentiert und ein rechtsextremes Manifest ins Netz gestellt haben.

Volontäre: Jana Gäng (jkg)

Nur wenige Monate sind seit den tödlichen Schüssen in einer bei Homosexuellen beliebten Bar in Oslo vergangen, nun ist erneut eine Schwulenbar Ziel eines Attentats geworden: Ein 19-Jähriger erschoss am Mittwochabend zwei Menschen vor einer Bar in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Eine Kellnerin wurde schwer verletzt. Der Schütze konnte zunächst flüchten. Am Donnerstagmorgen gab die slowakische Polizei dann bekannt, ihn identifiziert zu haben. Er sei tot, schrieb sie in einem Facebook-Post. Laut Nachrichtenagenturen tötete sich der Täter vermutlich selbst. Der Schütze soll Sohn eines ehemaligen Kandidaten der rechtsnationalistischen Kleinpartei „Vlast‘“ („Heimat“) sein, wie die slowakische Tageszeitung „Denník N“ berichtet. Demnach prüfe die Polizei, ob es die Waffe seines Vaters war, mit der der 19-Jährige schoss. Die Bar, vor der die beiden Personen erschossen wurden, ist Treffpunkt für LGBTI und bewirbt sich in den sozialen Medien als „nette Schwulen-Bar“. Die englische Abkürzung LGBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen und Intergeschlechtliche.

 

Nach der Tat soll sich der Schütze immer wieder online gemeldet haben

Beiträge in den sozialen Medien deuten darauf hin, dass der 19-Jährige die Tat online dokumentierte. Kurz nach der Schießerei und bevor die Polizei darüber berichtete, postete ein Twitter-Nutzer mit dem Namen „NTMA0315“ die englischsprachigen Hashtags „Hassverbrechen“, „Schwulenbar“, „Bratislava“. Kurz danach war auf dem Profil in englischer Sprache zu lesen: „Bratislava. Ich fühle keine Reue, ist das nicht witzig?“ In einem anderen Online-Forum tauchte ein mutmaßliches Foto der Opfer auf. Zwei blutende Personen liegen darauf vor dem Lokal. Aufgenommen wurde es laut Zeitstempel um 19:47 Uhr – kurz danach meldete die Polizei laut „Denník N“ die Schießerei. Einige Forennutzer kommentierten das Foto offen homophob. Immer wieder stehen das Online-Forum 4chan und seine Ableger auch in Deutschland in der Kritik, weil dort rassistische und gewaltverherrlichende Beiträge anonym veröffentlicht werden. Ob der Schütze selbst das Foto gemacht hat, ist unklar. Laut „Denník N“ soll ihm zumindest das Twitter-Profil gehören. Die Polizei hingegen hat der Nachrichtenagentur dpa zufolge wegen laufender Ermittlungen nicht bestätigt, dass es sich um Konten des Täters handelte. Inzwischen ist das Twitter-Profil gesperrt, in einem Online-Forum kursieren aber Aufnahmen der dort geposteten Beiträge. „Ich habe meine Entscheidung getroffen“, soll der Täter demnach am Tag vor der Schießerei auf Englisch geschrieben haben. Und dann in der Nacht zum Donnerstag, auf Slowakisch: „Tschüss, wir sehen uns auf der anderen Seite“.

In dem Manifest werden Rechtsterroristen und Massenmörder zitiert

Dass es Hass auf LGBTI war, der den 19-Jährigen antrieb, will die Polizei am Donnerstagmorgen in einem Facebook-Post nicht bestätigen. Fest steht, dass von eben jenem Twitter-Account, der dem Schützen gehören soll, nach der Tat auf ein 65-seitiges Textdokument verlinkt wurde. Die Schwarze Sonne prangt auf der ersten Seite, ein Symbol aus drei Hakenkreuzen. Auch Neonazis nutzen es. Sein englischsprachiger Inhalt erinnert an die verstörenden Manifeste, die der norwegische Rechtsterrorist und Massenmörder Anders Breivik oder der Buffalo-Schütze Payton Gendron vor ihren Taten ins Netz stellten. Seite an Seite reihen sich antisemitische, rassistische, homo- und transphobe Ideologien. Der Verfasser ruft zu Gewalt auf, unter anderem gegen People of Color, jüdische und homosexuelle Menschen. Er wolle eine „Operation“ ausführen gegen die, die er als „Feinde der weißen Rasse“ wähnt, schreibt er – ein Narrativ, das sich häufig in rechtsextremen und neonazistischen Verschwörungstheorien findet. Mehrfach zitiert er seine „Vorbilder“: Rechtsextreme Attentäter und Massenmörder, die er den „Heiligen Gendron“ oder den „Heiligen Tarrant“ nennt. Rechtsterrorist Brenton Tarrant beging 2019 den Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch, Neuseeland.

Slowakische Präsidentin: Politik schürt Hass gegen LGBTI

Die Menschen in Bratislava reagierten betroffen. Am Donnerstag liegen Blumen vor der Bar, in den sozialen Netzwerken werden Zeichnungen mit Regenbogenflagge geteilt, dem Symbol für LGBTI-Rechte und Akzeptanz. Die Universität Bratislava, an der eines der Opfer studiert hatte, legte ein Kondolenzbuch aus, das Bildungsministerium hisste die schwarze Flagge. „Meine Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern der Schießerei und denen, die sich danach nicht mehr sicher fühlen“, schrieb die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová auf Instagram. Hass gegen LGBTI sei aber auch von der Politik geschürt worden, heißt es in dem Post auf Slowakisch. In der Slowakei äußern sich selbst hochrangige Politiker wie die ehemaligen Ministerpräsidenten Robert Fíco und Igor Matovič immer wieder öffentlich homo- und transphob.