Die in Myanmar regierende Militärjunta hat erstmals seit 1990 wieder Todesurteile vollstreckt. Unter den Toten waren Demokratieaktivisten. Für ihre Familien kam die Hinrichtung offenbar ohne Vorwarnung.

Die Junta in Myanmar hat trotz internationaler Proteste erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstreckt. Vier im Januar verurteilte Dissidenten seien hingerichtet worden, darunter der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw (41) und der prominente Demokratieaktivist Kyaw Min Yu (53), auch bekannt unter dem Namen Jimmy. Dies berichtete die staatliche Zeitung „Global New Light of Myanmar“ am Montag. Sie seien für schuldig befunden worden, bei der Durchführung „unmenschlicher Terrorakte“ geholfen zu haben.

 

Es handelt sich um die ersten vollzogenen Todesstrafen in dem südostasiatischen Krisenstaat seit 1990. „Die schockierende Geschwindigkeit, mit der die Todesurteile vollstreckt wurden, und die Gefühllosigkeit, mit der sie durchgeführt wurden, werden noch dadurch verschlimmert, dass die Familien - genau wie wir alle - im Nachhinein und nur durch die Medien vom Tod ihrer Angehörigen erfuhren“, sagte Manny Maung von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte die Internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen gegen die Militärregierung zu ergreifen.

Zoom-Schalte mit der Familie vor der Hinrichtung

Bereits im Juni, nachdem die Verurteilten ihre Berufungsverfahren verloren hatten, warnten UN-Experten: „Diese Todesurteile, die von einem illegitimen Gericht einer illegitimen Junta verhängt wurden, sind ein abscheulicher Versuch, den Menschen in Myanmar Angst einzujagen.“ Eine den Familien nahestehende Quelle sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Männer seien am Sonntagmorgen gehängt worden.

Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu durften ihre Familien vor wenigen Tagen noch einmal per Zoom-Schalte sehen, berichteten lokale Medien und den Familien nahe stehende Quellen. „Wir haben gehofft, die Urteile würden nicht vollstreckt, es ist einfach schrecklich“, sagte eine Frau aus dem Umkreis der Familie von Kyaw Min Yu. „Die Familien dachten, sie seien noch eine Weile sicher.“

Aus dem Hip Hop in die Politik

Der Aktivist hatte seit 1988 für mehr Demokratierechte gekämpft und bereits in der Vergangenheit mehr als 20 Jahre im Gefängnis gesessen. Der zunächst als Hip-Hop-Sänger bekannte Phyo Zeya Thaw war später in die Politik gegangen und zu einem engen Verbündeten Suu Kyis geworden. Gegen die Friedensnobelpreisträgerin laufen zahlreiche Verfahren wegen angeblicher Vergehen. Vor einem Monat wurde sie vom Hausarrest ins Gefängnis verlegt.

International war bereits die Ankündigung der Hinrichtungen scharf kritisiert worden. UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „eklatanten Verletzung des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“. UN-Rechtsexperten gehen nun davon aus, dass die ersten Hinrichtungen in Myanmar seit 1988 den Beginn einer ganzen Reihe von Vollstreckungen von Todesurteilen markieren könnten.

Kritik am Militär kann mit Todesstrafe geahndet werden

Gemäß den Bestimmungen des Kriegsrechts der Junta kann die Todesstrafe für sehr lose definierte Verbrechen verhängt werden. In der Praxis kann praktisch jegliche Kritik am Militär mit dem Tod bestraft werden. Der Myanmar-Experte Richard Horsey von der International Crisis Group (ICG) erklärte auf Twitter, die Hinrichtungen seien „ein ungeheuerlicher Akt, der politische Schockwellen erzeugen wird, jetzt und für eine lange Zeit“.

Das Militär hatte im Frühjahr des vergangenen Jahres die gewählte Regierung Myanmars unter De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt. Seither herrschen in dem südostasiatischen Staat die Militärs, gegen die sich selbsternannte Volksverteidigungskräfte erhoben haben. Die unter Hausarrest stehende Suu Kyi selbst wurde im April zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt.