Der FC Bayern München ist raus - und zwar ohne Applaus. Der blutleere Auftritt gegen den FC Liverpool in der Champions League wird wohl massive Konsequenzen haben.

Sport: Marco Seliger (sem)

München - Es ist nach knapp 40 Jahren in Amt und Würden noch immer nicht erwiesen, ob es nach deftigen Niederlagen gefährlicher ist für Trainer und Spieler des FC Bayern, wenn der Club-Patron Uli Hoeneß etwas sagt oder nicht. Dieses Mal sagte er nichts, und mehr noch, er betonte es, dass er nichts sagt: „Ich sage nur einen Satz“, begann Hoeneß seine Stellungnahme nach dem sagenhaft schwachen Auftritt seiner Bayern beim 1:3 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League: „Liverpool hat besser gespielt und verdient gewonnen. Mehr möchte ich nicht sagen.“ Sprach’s und zog nach draußen in die stürmische Nacht – zumindest, was das böige, nasskalte Wetter betraf.

 

Ansonsten war gar nichts stürmisch an diesem Münchner Fußballabend, nach dem Kommentatoren mit Hang zur Dramatik gar davon sprachen, dass der FC Bayern seine stolze, selbstbewusste Club-DNA namens „Mia san Mia“ auf dem Platz aufgegeben habe. Sicher und unumgänglich ist nach diesem seltsam ängstlichen, zögernden und planlosen Auftritt gegen Jürgen Klopps perfekt austarierte Pressingmaschinerie aber dies: Der FC Bayern braucht nach dieser Saison den ohnehin schon angedachten Umbruch, und nach den Eindrücken vom Mittwochabend braucht er ihn radikaler denn je.

Die Stadionregie spielte unmittelbar nach dem Schlusspfiff einen alten Gassenhauer von Queen ab. „The show must go on“ dröhnte es aus den Boxen, was übrigens ganz gut war fürs allgemeine Münchner Gemüt, denn ansonsten hätte man die Jubelschreie des fäusteballenden Jürgen Klopp vor der Liverpool-Kurve wohl recht deutlich vernehmen können. Jedenfalls: Wer da Freddie Mercury so zuhörte und die geschlagenen Münchner Verlierer dazu vom Platz schleichen sah, der stellte sich fast unweigerlich die Frage: Welche Show soll da eigentlich weitergehen, wenn es vorher auf der großen Bühne gegen das große Liverpool doch gar keine gegeben hatte? Und vor allem: mit wem soll’s künftig überhaupt weitergehen, also von Sommer an? Sicher, die aktuelle Saison ist ja noch nicht rum, die Bayern können noch das nationale Double holen. Das wäre nicht schlecht, würde sich aber gerade noch so mit den eigenen Ansprüchen decken.

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Ein hochverdientes Aus im Achtelfinale der Königsklasse wie das vom Mittwoch gegen Liverpool gehört dazu nicht, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge werden das so nicht auf sich sitzen lassen – die beiden wollen zum Ende ihrer Amtszeit noch mal eine Mannschaft auf die Beine stellen, die in der Champions League titelreif ist. Die aktuelle ist es nicht mehr – und das Aus gegen Liverpool markiert dabei auch das endgültige Ende der so genannten goldenen Bayern-Generation in diesem Jahrzehnt, die unter dem niederländischen Trainerkauz Louis van Gaal und später unter Jupp Heynckes und Pep Guardiola fußballerische Maßstäbe in Europa setzte. Mit dem Höhepunkt des Champions-League-Siegs 2013.

Dorthin, auf den europäischen Fußballthron, wollen die Bayern bald wieder. Mit frischen Kräften, für die Uli Hoeneß das berühmte Festgeldkonto plündern wird. So wie er das schon oft in Krisen getan hat.

Ob Niko Kovac dabei im Sommer den Umbruch noch als Trainer leiten darf, nun ja, so ganz sicher ist das nach dem Auftritt gegen Liverpool nun nicht mehr. Kovac hatte zuletzt ja viele Pluspunkte gesammelt, nach der gemeisterten Krise in der Bundesliga samt recht famoser Aufholjagd auf Borussia Dortmund. Und nach dem 0:0 im Hinspiel von Liverpool, das Kovac mit kluger Defensivtaktik in der öffentlichen Wahrnehmung klar mit 0:0 gewann. Nun, nach dem 1:3 und dem blutleeren Heim-Auftritt, hat sich der Wind in München passend zum Sauwetter und zur stürmischen Branche gedreht.

Franz Beckenbauer bringt Jürgen Klopp ins Spiel

So äußerte der Bayern-Startstürmer Robert Lewandowski deutliche Kritik an der taktischen Ausrichtung seines Trainers. „Zu defensiv, zu tief, zu wenig Risiko“, sagte der Angreifer über das Bayern-Spiel gegen Liverpool. Es habe nicht einmal den Versuch eines Offensivspiels gegeben, meinte der Pole. „Wir waren nicht genug Spieler nach vorne, das war viel, viel zu wenig.“ Niko Kovac verteidigte seine Taktik kurz und knackig: „Man muss eine Balance finden.“ Dem Bayern-Spiel, meinte später noch der Innenverteidiger Mats Hummels, fehle gegen pressende Mannschaften wie Klopps Liverpool der Plan B. Aber ist dafür nicht Kovac verantwortlich? „Da muss ich den Trainer in Schutz nehmen“, sagte Hummels, „er fordert das oft, aber es klappt nicht immer.“

Am Ende übrigens philosophierte noch ein Mann über einen möglichen neuen Trainer in München, der nach seinem tiefen Fall in der Sommermärchen-Affäre zuletzt wieder häufiger im Stadion war. „Jürgen Klopp beim FC Bayern? Das wäre ein Höhepunkt“, sagte Franz Beckenbauer. Der Gelobte selbst parierte die kaiserliche Plauderei dann ziemlich lässig. „Ich hoffe nicht, dass die Bayern in der nächsten Zeit eine Notwendigkeit haben. Ich habe auch keine“, sagte Jürgen Klopp im Bauch der Arena. „Aber wenn Franz Beckenbauer gut über mich spricht, dann freut das meine Mutter und mich.“

Uli Hoeneß übrigens, an diesem Abend zweifellos recht freudlos unterwegs, hatte das Stadion da längst verlassen. Er will nun, wie zu hören ist, an diesem Sonntag nach dem Bundesligaspiel gegen den FSV Mainz 05 sprechen. Es dürfte spannend werden.