Nach einem Brand am Stuttgarter Hauptbahnhof kommt am Dienstag der gesamte Zugverkehr zum Erliegen. Erst am Nachmittag kann ein Teil des Bahnhofs wieder in Betrieb gehen. Das soll vorerst so bleiben.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Nichts geht mehr am Stuttgarter Hauptbahnhof: Nach einem Kabelbrand in einem Versorgungstunnel auf Höhe der Bahnsteige sechs und sieben ist in Stuttgart von kurz nach 8.30 Uhr an kein Fern- und Nahverkehrszug mehr angekommen oder abgefahren. Die Reisenden stranden. Weil im ersten Moment auch die S-Bahnen sicherheitshalber gestoppt werden, geht außer dem Stadtbahn- und Busverkehr in der Stadt erst mal nichts mehr rund um den Hauptbahnhof. Fahrgäste berichten von „gestopft vollen“ Stadtbahnen und einem ungewöhnlich gut besetzten X-1-Bus, der von Bad Cannstatt in die Innenstadt pendelt. Erst um 15 Uhr können wieder Züge fahren, allerdings mit einem stark eingeschränkten Fahrplan: Nur die Gleise eins bis acht werden genutzt. Mit diesem Notprogramm soll auch der Betrieb am Mittwoch starten, sagt ein Sprecher der Bahn.

 

Kurz nach 8.30 Uhr wird der Brand entdeckt, um 8.36 Uhr sperrt die Bundespolizei den Bahnhof. Eine dichte, dunkle Rauchschwade zieht über die Bahnsteige. Die Bundespolizei rückt mit 25 Kräften an, die Landespolizei mit zwölf Beamten, gemeinsam bringen sie die Fahrgäste aus dem Gefahrenbereich. Die Zugänge zum Querbahnsteig sind gesperrt. Die Angestellten verriegeln die Kioske und Verkaufsbuden am Ende der Gleise. „Zwischendurch war auch mal die Bahnhofshalle sicherheitshalber halb gesperrt, das konnten wir aber wieder aufheben. So weit zog der Rauch dann doch nicht“, sagt der Bundespolizeisprecher Yannick Dotzek.

Brand kommt aus einem Versorgungstunnel

Den Brandherd macht die Feuerwehr, die mit drei Löschzügen anrückt, in einem alten Versorgungstunnel ausfindig, dem Expressguttunnel. Dieser verläuft unter den Bahnsteigen. Die Zugänge dazu erkennt man vom Bahnsteig aus: Zwischen den Gleisen sind an den Technikbahnsteigen schmale Treppenabgänge, die dorthin führen. Aus mehreren quillt der Qualm. Bei der Erkundung stellt die Feuerwehr fest, dass es dort vermutlich aufgrund eines Kurzschlusses zu einem Kabelbrand gekommen ist. Den Kurzschluss hat höchstwahrscheinlich Wasser aus einer geplatzten Leitung, die dort verläuft, verursacht, meldet die Bundespolizei.

Das Problem: In diesem Tunnel laufen alle Leitungen zur Versorgung des Lichts und der Anzeigetafeln an den Bahnsteigen. „Wir haben aber auch eine gute Nachricht: Die Signaltechnik tut“, sagt ein Bahn-Sprecher, als kurz nach 11 Uhr das Feuer gelöscht ist. Auch die Stromversorgung für die Züge über die Oberleitung war nicht betroffen. Jedoch hat die Sicherheitstechnik der Gleise 9 bis 16 noch keinen Strom, daher können diese noch nicht wieder in Betrieb gehen. Die Sicherheitstechnik meldet zum Beispiel ans Stellwerk, ob ein Zug auf einem Gleis steht, erläutert der Bahnsprecher. Ohne diese darf auf den Schienen keiner fahren.

Zunächst stehen die Menschen noch dicht gedrängt hinter dem Absperrband. Allmählich lehrt sich die Halle – vor allem, weil gegen 10 Uhr die Nachricht kommt, dass die S-Bahnen wieder fahren. Noch nicht im 15-Minuten-Takt, aber immerhin jede halbe Stunde, sagt ein Sprecher der Bahn. Damit kommen die Fahrgäste wenigstens nach Esslingen, wo Fernzüge halten. „Wir stellen zusätzliches Personal bereit“, fügt der Bahn-Sprecher hinzu. Die Mitarbeiter stehen in der Bahnhofshalle und an den S-Bahn-Gleisen und erklären den Fahrgästen, was geht und was nicht: Wer von Hamburg anreist, für den endet die Zugfahrt nach Stuttgart in Mannheim. Für Züge aus Zürich oder Singen ist in Böblingen Schluss. Fahrgäste aus Paris müssen in Karlsruhe aussteigen. Fernreisenden, die in Stuttgart einsteigen wollen, empfiehlt die Bahn, nach Esslingen oder Vaihingen an der Enz zu fahren.

Brand ist schnell gelöscht

Die Feuerwehr kann den Brand schnell löschen, doch der Weg dahin ist nicht leicht: „Im Tunnel stand Wasser. Das musste erst mit Schiebern entfernt werden, das hat gedauert.“ Der Strom sei natürlich sofort abgestellt worden, als erste Feuerwehrleute mit Atemschutz zur Erkundung in den Tunnel gingen. Sie löschen danach mit Schaum im Tunnel, zusätzlich an Wartungsöffnungen von den Bahnsteigen aus mit CO2-Löschern.

Die Fahrgäste nehmen es am Mittwoch überwiegend gelassen. „Da wird schon was Schlimmes sein, sonst würden sie das nicht machen“, sagt ein 29-Jähriger aus Degerloch. Er muss nach einem Unfall eigentlich zur Therapie, „aber das klappt jetzt eben nicht“. Einige sind aber auch gestresst und angespannt: „Keine Durchsagen, nix klappt“, schimpfen sie. Die Bahn betont, man habe extra Personal bereitgestellt, um die Fahrgäste über mögliche Verbindungen zu informieren.