Spaziergänger in Stuttgart-Degerloch haben die Polizei gerufen, weil ihnen zerrupft aussehende Hühner aufgefallen sind. Tatsächlich steckt dahinter eine Rettungsaktion. Hier erklärt ein Experte, wie jeder Mensch Hühner bei sich zu Hause aufnehmen kann.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Filder - Mit so viel Zuspruch haben Tanja und Jochen Rieger aus Stuttgart-Hoffeld wohl nicht mehr gerechnet: Das Paar hat vor knapp sechs Wochen Hühner aus einem Bodenhaltungs-Bauernhof bei Balingen vor dem Schredder gerettet und für die Tiere auf ihrem Stückle im Ramsbachtal zwischen Degerloch und Birkach ein neues Zuhause geschaffen. Auf die zerrupft aussehenden Tiere haben einige Spaziergänger skeptisch reagiert und die Familie sogar beim Tierschutz angezeigt (wir berichteten). Unterdessen gehen die Meinungen der Leser und Facebook-Nutzer in eine ganz andere Richtung: „Tolle Aktion der Familie“, schreibt eine Nutzerin auf Facebook. Und eine andere: „Ich liebe eure Hühner! Und zolle dem respektvollen Umgang mit den Tieren und den fragenden Spaziergängern den vollsten Respekt.“

 

Wer sich durch die Rettungsaktion der Riegers inspiriert fühlt und Lust hat, ebenfalls Hühner vor dem Schredder zu bewahren, kann sich entweder selbst an entsprechende Bauernhöfe oder an den Verein Rettet das Huhn e.V. wenden. Dieser vermittelt ausgediente Hühner aus Boden-, Freiland- oder Biohaltung, die nicht mehr so viele Eier wie im ersten Jahr legen und sich daher für Bauern nicht mehr rechnen.

Hühner dürfen nicht geschlachtet werden

Jörg Berle ist einer der Koordinatoren von dem Verein für den Raum Stuttgart. Er sagt: „Wir haben in Stuttgart und der Umgebung schon einige Hühner vermittelt, zum Beispiel im Asemwald.“ Generell kann sich jeder tierliebe Interessierte, der Platz hat für zwei bis 25 Hühner, an den Verein wenden. Neben einem raubtiersicheren, geschützten Stall müssen die Retter eine Freilauffläche von mindestens zehn Quadratmetern pro Huhn haben. Außerdem dürfen die Hühner, die von dem Verein vermittelt werden, nicht geschlachtet werden: „Unser gesamtes Engagement beruht auf reinem Tierschutz“, sagt Berle. „Es ist für uns ein riesiger organisatorischer Aufwand, die Abholung, den Transport und die Vermittlung der Tiere zu organisieren. Aus diesem Grund haben wir überhaupt kein Interesse daran, dass Menschen Hühner bei sich aufnehmen, um sie irgendwann zu schlachten.“ Die Eier dürften aber freilich verwendet werden.

Dass Nachbarn oder Spaziergänger pikiert auf gerettete, zerrupfte Hühner reagieren, hat Jörg Berle noch nie erlebt. „In der Regel sehen die Hühner auch etwa ein Vierteljahr nach ihrer Rettung wieder richtig schön aus, so wie man sich ein gesundes Huhn eben vorstellt.“ Die Erfahrungen des Vereins zeigen, dass die Hühner nach ihrer Rettung in der Regel noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von zwei bis drei Jahren haben.

Kontakt für Hühnerretter:

Wer Hühner bei sich aufnehmen will, kann sich an Jörg Berle und Karin Eheim wenden. Die beiden sind die Ansprechpartner für den Raum Stuttgart bei dem Verein Rettet das Huhn. Sie sind erreichbar unter der Handynummer 0172/7 63 98 07 sowie per Mail an joerg-bw@rettetdashuhn.de.