Der gewaltsame Tod einer jungen Mutter aus Backnang bewegt ganz Deutschland. Doch wie wird Kindern geholfen, denen ein Elternteil plötzlich genommen wird? Wir haben uns beim Jugendamt des Rems-Murr-Kreises erkundigt.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Das Gewaltverbrechen an einer 22 Jahre alten Frau aus Backnang hat bundesweit große Betroffenheit ausgelöst – und Solidarität mit den beiden hinterbliebenen Kindern. Manche Initiativen sammeln sogar Spenden zugunsten der Familie. Doch was tun die Behörden, um zu helfen, wenn Eltern plötzlich, vielleicht sogar gewaltsam, aus dem Leben gerissen werden? Eine Sozialpädagogin des Kreisjugendamts gibt Auskunft.

 
Frau Güttinger, was ist nach dem Tod eines Elternteils das Wichtigste für die hinterbliebenen Kinder?
Der Verlust eines Elternteils stellt für ein Kind eine große Belastung dar und kann seine weitere Entwicklung massiv beeinträchtigen. Deshalb braucht es rasch Hilfe auf verschiedenen Ebenen und langfristige Unterstützung. Das gewohnte Umfeld und vertraute Personen sollten dabei möglichst erhalten bleiben. Das Jugendamt bietet diesen Personen Beratung an. Die Krankenkasse kann zudem zum Beispiel Haushaltshilfe gewähren. Falls in der Familie oder Nachbarschaft keine Vertrauenspersonen existieren, kann ein Kind in einer gut ausgewählten und durch Fachkräfte des Jugendamts vorbereiteten Pflegefamilie untergebracht werden. Diese kurzfristige oder dauerhafte Vollzeitpflege wird durch regelmäßige Hilfeplanung begleitet.
Was können Angehörige und Profis für die betroffenen Kinder tun?
Den Erwachsenen im Umfeld des Kindes kommt die wichtige Aufgabe zu, dem Kind ehrliche Antworten zu geben, die es verstehen kann. Das Kind über den Tod im Unklaren zu lassen, verunsichert es eher, da es eine eigene Wahrheit erfindet und möglicherweise sich selbst verantwortlich fühlt. Qualifizierte Menschen, die das Kind altersgerecht begleiten und bei der Verarbeitung unterstützen, gibt es bei den Kinderhospizen, die dem Alter des Kindes entsprechende Trauerbegleitung anbieten –  und auch die erwachsenen Bezugspersonen beraten.
Gibt es darüber hinaus auch längerfristige Hilfe für die Betroffenen?
Nach der ersten Zeit der Krise, die in jedem Einzelfall unterschiedlich lang dauert, braucht es abhängig vom Einzelfall weiterhin Hilfe. Um einen möglichst normalen Alltag wieder zu ermöglichen, können Betreuungsmöglichkeiten sinnvoll sein, so dass ein Kind seinem Alter entsprechend gut versorgt ist und der allein erziehende Elternteil berufstätig sein und den Lebensunterhalt der Familie sichern kann. Das Jugendamt kann dabei finanziell durch die Übernahme der Kosten für diese Betreuung unterstützen, wenn das Einkommen nicht reicht. Zur weiteren Beratung kann eine Erziehungsberatung hilfreich sein. Alternativ dazu kann eine intensivere Hilfe wie eine Familienhilfe besser geeignet sein. Wie lang dieser Hilfebedarf andauert, kann im Voraus nicht eingeschätzt werden. Es ist auch möglich, dass nach Jahren erneut Beratungs- und Unterstützungsbedarf auftritt. Auch in einem solchen Fall kann das Jugendamt helfen: durch eigene Angebote oder durch eine Weitervermittlung an geeignete Stellen.
Im Fall Katharina K. sitzt der Vater eines Kindes als mutmaßlicher Täter in Haft. Wie wird aber in anderen Fällen mit dem Thema Sorgerecht umgegangen?
Das Jugendamt berät den lebenden Elternteil. Falls dieser mit sorgeberechtigt war, bleibt er dies. Falls der verstorbene Elternteil allein sorgeberechtigt war, braucht es durch das Familiengericht eine Entscheidung zum Sorgerecht. Dabei kann entweder der andere Elternteil, ein privater oder ein Amtsvormund in Frage kommen.