Joshua Kimmich kehrt erstmals seit Beginn der Impfdebatte in den Kreis der Nationalmannschaft zurück. Dort erwartet ihn ein Gespräch mit Bundestrainer Hansi Flick.

Wolfsburg - Den Ablaufplan für die letzte Dienstreise des Jahres mit der Nationalmannschaft hat Joshua Kimmich schon vor einigen Tagen erhalten. Doch nach der gemeinsamen Anreise mit seinen Bayern-Teamkollegen nach Wolfsburg steht für den 26-Jährigen noch ein außerplanmäßiger Einzeltermin an: Hansi Flick bittet seinen Führungsspieler nach der seit Wochen andauernden Impfdebatte zu einem Gespräch.

 

Nervös muss Kimmich vor dem Austausch mit dem Bundestrainer nicht sein. Flick hat schon erklärt, dass er sich in der gesamten Diskussion „viel mehr Sachlichkeit gewünscht“ hätte. „Er gehört nicht an den Pranger“, sagte der 56-Jährige im FAZ-Interview.

Flick will Kimmich Sorgen nehmen

Dennoch hat Flick noch einmal Gesprächsbedarf. Er werde das Thema „noch mal aufgreifen“. Das werde „nicht nur vor der versammelten Mannschaft, sondern auch im Einzelgespräch, ganz persönlich“ geschehen: „Wenn jemand Sorgen hat, werden wir versuchen, ihm diese zu nehmen.“

Kimmich hat Sorgen - vor den möglichen Langzeitfolgen einer Corona-Impfung. Ein „Corona-Leugner oder Impfgegner“ sei er aber nicht, hatte der Mittelfeldspieler des deutschen Rekordmeisters Bayern München betont. Daher will Flick das sensible Thema noch einmal aufgreifen.

Auch Merkel mischt sich ein

Schließlich sei es „optimal und wünschenswert, wenn jeder Spieler bei uns geimpft wäre“. Und Kimmich, der für seine „WeKickCorona“-Initiative viel Lob bekam, hatte eine Impfung in Aussicht gestellt: „Es ist sehr gut möglich, dass ich mich bald impfen lasse.“

Die Debatte hatte nach Kimmichs „Geständnis“ im Oktober weite Kreise gezogen. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich ebenso wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach oder DFB-Ehrenspielführer Philipp Lahm. Die Diskussionen seien „nicht spurlos an ihm vorübergegangen“, verriet Flick.

Negative Reaktionen seiner Mitspieler muss Leader Kimmich vor dem sportlich unbedeutenden WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein am Donnerstag (20.45 Uhr/RTL) nicht befürchten. „Wir reden immer davon, dass es keine Impfpflicht gibt. Aber wenn dann jemand Zweifel äußert, wird er an den Pranger gestellt. Das finde ich nicht gut“, sagte der Freiburger Christian Günter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Man müsse Kimmich „nicht behandeln wie einen Schwerverbrecher“. Einen ähnlich diskussionswürdigen Vergleich hatte zuvor auch Ex-Nationalspieler Lukas Podolski gewählt.

Bierhoff stärkt Kimmich den Rücken

Neben Flick hatte auch Oliver Bierhoff Kimmich den Rücken gestärkt. Es stehe „außer Frage, dass wir in Deutschland keine Impfpflicht haben und daher auch die Einstellung von Jo akzeptieren und weiter voll hinter ihm als Nationalspieler stehen“, so der DFB-Direktor, der aber auch auf die Kampagne des Deutschen Fußball-Bundes zur Impfung verwies.

Für Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler wäre Kimmich sogar „ein top Junge, ein top Mensch, ein Held“, wenn er sich jetzt doch impfen lassen würde. „Man hat ja so ein bisschen das Gefühl, dass Joshua Kimmich, wenn er sich jetzt impft, durch den öffentlichen Druck umgefallen ist. Das muss gar nicht sein“, so Völler in der Bild.