Nico Semsrott ist nicht länger Teil der Partei „Die Partei“. Zuvor geriet er mit dem Vorsitzenden Martin Sonneborn aneinander. In einer Erklärung gab er an, Sonneborn sei aus der Zeit gefallen“.

Brüssel - Der Europaabgeordnete Nico Semsrott verlässt „Die Partei“ im Streit mit deren Vorsitzendem Martin Sonneborn. Der Satiriker sei „aus der Zeit gefallen“, hieß es in einer Erklärung Semsrotts vom Mittwoch. Er bezog sich dabei auf die Reaktion Sonneborns, nachdem Tweets des Satirikers als rassistisch kritisiert worden waren.

 

Sonneborn hatte auf Twitter nach der Kritik an ihn geschrieben: „So, und jetzt bitte schön diskutieren, was Satire darf und soll, die Grenzen bitte nicht vergessen. Merke: der erste Zugriff (‚Wah! Rassismus! ) ist oft nicht der beste. Beleidigungen werden geblockt, ich gehe jetzt Schlitten fahren.“ Die Reaktion sei „falsch und inakzeptabel“, urteilte Semsrott am Mittwoch.

„Für mich geht es bei Martin Sonneborns Tweets von vergangener Woche weniger um eine Debatte über den Sinn und Zweck von Satire, sondern vielmehr um einen ignoranten Umgang mit Feedback“, erklärte Semsrott. „Wenn sich Menschen von seinen Postings rassistisch angegriffen fühlen, muss er nicht viel tun. Es reichen Mitgefühl und der Respekt vor den Betroffenen, um das eigene Verhalten zu korrigieren.“

EU-Parlamentsmandat will Semsrott behalten

Wenn Sonneborn aber der Kritik keinen Raum geben könne, den gesellschaftlichen Kontext ausblende, und „beleidigt seine Machtposition ausnutzt“, solle er gehen, „weil er aus der Zeit gefallen und am falschen Ort ist“, fügte Semsrott hinzu. Er selbst habe vor einem Jahr vergeblich „zu dieser Thematik“ mit Sonneborn diskutiert. Vor einigen Tagen habe er den Parteichef dann gebeten, „über sein Posting nachzudenken“ und sich zu entschuldigen. „Er hat es nicht gemacht. Das ist also kein Versehen, er will das eindeutig so.“

Semsrott erklärte weiter, er selbst sei „raus“, wenn Sonneborn kein Mitgefühl zeige und nicht verstehe, „dass seine Verantwortung als Vorsitzender von ‚Die Partei’ mit 50.000 Mitgliedern und zuletzt 900.000 Wähler*innen weit über das hinaus geht, was ein Titanic-Chefredakteur vor 20 Jahren können musste“. 

„Die Partei“ sei in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem Sonneborns Projekts, schrieb Semsrott. Er selbst wolle „dafür nicht weiter mein Gesicht hergeben“. Deswegen habe er soeben sein Austrittsschreiben verschickt. Seine EU-Parlamentsmandat will Semsrott demnach behalten.

Sonneborn seit 2014 im Europaparlament

„Die Partei“ war 2004 von Mitarbeitern des Satiremagazins „Titanic“ gegründet worden; Sonneborn war damals Chefredakteur. Sie sicherte sich bei der Europawahl 2019 mit 2,4 Prozent der Stimmen in Deutschland zwei Sitze im EU-Parlament. Sonneborn ist bereits seit 2014 im Europaparlament.

Seit November 2020 hat „Die Partei“ auch einen Bundestagsabgeordneten: Der frühere SPD-Politiker Marco Bülow trat nach zwei fraktionslosen Jahren Sonneborns Partei bei.