Ein schwules Paar kämpft mit einer Leihmutter in Thailand um Baby Carmen. Die Väter, der eine Amerikaner, der andere Spanier, haben schlechte Karten, weil inzwischen die Gesetze verschärft worden sind.

Bangkok - Hellwach ist die kleine Carmen, fast neun Monate alt, und sie entfleucht ihren Vätern inzwischen schon ziemlich schnell auf allen Vieren. Frische Luft kennt das Kind aber praktisch nicht. Der Amerikaner Gordon Lake und der Spanier Manuel Santos, seit 2012 verheiratet, trauen sich nicht auf die Straße. Sie leben versteckt in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Sie fürchten die Behörden, und vor allem die Frau, die ihre Tochter zur Welt gebracht hat.

 

Die beiden sind in die Mühlen der Justiz geraten. Die Frau, eine Leihmutter, verweigert ihre Einwilligung zur Ausreise des Babys. Als die Beteiligten das Geschäft zur Leihmutterschaft über eine Agentur einfädelten, schien für die Väter noch alles in Ordnung. Die Rechtslage in Thailand war jahrelang schwammig - das eröffnete Möglichkeiten. Dutzende Agenturen lotsten Tausende Eltern aus aller Welt durch die Vorschriften, und die Vermittelung von Leihmüttern an Wunscheltern war ein lukratives Geschäft.

Nach diversen Skandalen die Gesetze verschärft

Dann kamen im Sommer 2014 gleich zwei Skandale ans Licht: Im Fall, der „Baby Gammy“ genannt wurde, trug eine Leihmutter Zwillinge für ein australisches Paar aus. Der Junge wurde mit Down-Syndrom geboren. Die Eltern ließen ihn zurück und reisten mit ihrer gesunden Tochter ab. Zeitgleich machte ein Japaner Schlagzeilen, der sich von Leihmüttern zehn Kinder austragen ließ. Die Fälle lösten weltweit Empörung aus. Thailand verschärfte die Gesetze. Seitdem sind Leihmuttergeschäfte mit Ausländern illegal.

„Carmen ist geboren, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist“, sagt Lake der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview über den Internetdienst Skype aus seinem Versteck. Er kämpft mit Santos jetzt vor Gericht darum, als Vater anerkannt zu werden.

Lake ist der biologische Vater des Mädchens. Das Kind wurde mit einer Spender-Eizelle gezeugt, die Leihmutter ist biologisch nicht mit Carmen verwandt. Aber sie trug das Kind aus. Ihr Name steht zudem auf der Geburtsurkunde, und damit ist sie vor dem Gesetz die Mutter.

Ein Traum wird zum Alptraum

Der Traum von einer Familie ist für Lake und Santos inzwischen zum Alptraum geworden. Ihr zweijähriger Sohn Alvaros wurde von einer Leihmutter in Indien geboren, bevor der Gesetzgeber dort solche Arrangements für homosexuelle Paare verbot. Mit einem zweiten Baby sollte das Familienglück dann komplett sein.

Alvaros lebt nach ihren Angaben jetzt bei den Großeltern in Spanien. „Carmen sollte bei ihrem Bruder und der Familie sein“, sagt Lake. „Sie sollte mit anderen Kindern zusammen sein und die Welt entdecken. Ihr Zimmer ist hergerichtet, ihre Zukunft liegt vor ihr. Aber wir stecken in einer Wohnung in Bangkok fest.“

In Deutschland sind Leihmuttergeschäfte strafbar. Wer im Ausland eine Leihmutter findet, hat nur Aussicht auf einen deutschen Pass für das Kind, wenn ein Elternteil nachweislich Deutscher ist. Sonst müssen die Eltern durch den oft jahrelangen Prozess der Adoption gehen.

Lake und Santos haben bei Carmen 40.000 Dollar (rund 35.000 Euro) bezahlt. Ein Teil davon ging an die Leihmutter (34). Die ganze Schwangerschaft über lief alles nach Plan, einen Tag nach der Geburt hielten die Väter das Baby in den Armen. Die Leihmutter unterzeichnete die Papiere, damit sie das Mädchen aus dem Krankenhaus mitnehmen konnten. Erst zum Termin in der US-Botschaft, wo die Unterschrift der Mutter zur Erteilung eines Reisepasses nötig war, erschien sie nicht mehr.

Leihmutter überlegt es sich plötzlich anders

„Plötzlich schickt sie uns eine SMS und sagt, sie habe es sich anders überlegt“, sagt Lake. Der Presse sagte die Leihmutter, sie wolle keinen schwulen Männer als Familie für das Mädchen. Freunde von ihr meinten in Sozialen Netzwerken, die Frau habe selbst schon immer ein Kind wie Carmen haben wollen und wohl nie die Absicht gehabt, das Baby aufzugeben. Sie selbst nahm eine Anwältin und redet nicht mehr. „Es geht überhaupt nicht um die sexuelle Orientierung der Männer“, sagt ihre Anwältin Verutai Maneenuchanert der dpa. Mehr Details sind ihr nicht zu entlocken.

Ende Oktober ist vor Gericht der Termin zur Feststellung der Elternschaft. Gut sieht es nicht aus für die zwei Väter. Der Chefrichter des Jugendgerichts machte gerade mit einem offenen Brief Schlagzeilen, wonach Schwule keine Chance hätten, je als Eltern zugelassen zu werden. Thailand erkennt gleichgeschlechtliche Ehen nicht an. „Wir kämpfen weiter“, sagt Lake. „Wir bringen unsere Tochter nach Hause. Wir werden das Land nie ohne Carmen verlassen.“