Alles hat der ADAC getestet, vom Badesee bis zur Rodelbahn. Nun steht der Autoclub selbst auf dem Prüfstand. Die Fragen: Darf der Präsident sich von einem Diensttermin im ADAC-Hubschrauber mit nach Hause nehmen lassen? Darf ein Funktionär als ADAC-Vertragsanwalt verdienen?

Alles hat der ADAC getestet, vom Badesee bis zur Rodelbahn. Nun steht der Autoclub selbst auf dem Prüfstand. Die Fragen: Darf der Präsident sich von einem Diensttermin im ADAC-Hubschrauber mit nach Hause nehmen lassen? Darf ein Funktionär als ADAC-Vertragsanwalt verdienen?

 

Essen/München - Nach dem Skandal um Manipulationen bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ tauchen immer weitere Ungereimtheiten beim ADAC auf - und der Verein flüchtet sich in vage Antworten. So werfen nicht nur die Hubschrauberflüge von Club-Präsident Peter Meyer Fragen auf, sondern auch die möglichen Doppelfunktionen einiger ADAC-Vertreter.

Einem Bericht des ZDF-Magazins „Frontal 21“ zufolge sollen hochrangige ADAC-Mandatsträger neben ihrem Ehrenamt auch geschäftlich für den Verein tätig geworden sein. ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker, ist demnach mit seiner Kanzlei zugleich ADAC-Vertragsanwalt. Er sei Ansprechpartner für ADAC-Mitglieder, falls es etwa zu Streit nach einem Unfall kommt. Auch drei regionale Funktionäre sind laut Bericht als Vertragsanwälte tätig. Das Bundesverbraucherministerium kündigte an, sich in die Affäre um den Club einzuschalten.

„Nach dem Kenntnisstand der Zentrale gibt es keinen einzigen Fall, in dem ein Rechtsanwalt aufgrund seines Ehrenamtes beim ADAC e.V. zum Vertragsanwalt ernannt worden ist“, teilte der ADAC dazu am Dienstag mit. „Alle Vorstände, Vorsitzenden, Präsidiumsmitglieder im ADAC, die Vertragsanwalt sind, waren lange vor ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit Vertragsanwälte.“ Der Vorstand des Regionalclubs entscheide, wer Vertragsanwalt werde.

Auch die ADAC-Hubschrauberflüge von Club-Präsident Meyer sind weiter Thema. Meyer soll nach einem Bericht der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ nicht nur zu dienstlichen Terminen, sondern auch von einem Geschäftstermin nach Hause geflogen sein. Ein ADAC-Sprecher in München betonte, der Flug am 27. Juni 2003 sei nicht extra für Meyer organisiert worden, sondern der Hubschrauber sei ohnehin auf dem Rückweg zu seinem Standort in Bonn gewesen. „Herr Meyer ist auf diesem Weg in Essen ausgestiegen.“

Nach dem Manipulationsskandal steht der ADAC in der Kritik

„Der Flug wurde kostendeckend abgerechnet“, sagte der ADAC-Sprecher zum Hubschrauberflug im Juni 2003. Der Umweg habe im widrigsten Fall bei 50 Kilometern gelegen. Zunächst hatte der Sprecher allerdings gesagt: „Es ist kein Umweg gewesen.“ Was genau der Flug damit möglicherweise mehr kostete, blieb unklar. Aber: „Reisekosten wären sowieso entstanden.“ Diese wären wohl kaum niedriger gewesen als die möglichen Mehrkosten des Fluges.

Der Hubschrauber hatte Meyer zuvor von einem Diensttermin in Hamburg zu einem dienstlichen Termin in Wolfsburg gebracht. Die ADAC-Vorschriften gestatten es Präsidiumsmitgliedern, aus dienstlichen Anlässen mit Reservemaschinen der Luftrettung zu fliegen. Dennoch sind die Flüge umstritten.

Der ADAC steht in der Kritik, nachdem Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel“ bekannt wurden. Unter anderem wegen der Hubschrauberflüge hat die Münchner Staatsanwaltschaft eine Vorprüfung eingeleitet. „Wir prüfen den Sachverhalt, haben aber nach wie vor kein Ermittlungsverfahren eingeleitet“, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Dienstag. Zudem prüft das Münchner Amtsgericht, ob der ADAC mit seinen rund 19 Millionen Mitgliedern künftig noch den Status eines Vereins haben darf.

Das Bundesverbraucherministerium werde mit dem ADAC über deren Qualitätskontrollen und die Unabhängigkeit von Vergleichen und Zertifikaten sprechen, sagte der für den Verbraucherschutz zuständige Staatssekretär Ulrich Kelber (SPD) der „Welt“ (Mittwoch). Auch mit anderen Organisationen wie etwa dem TÜV sollten Gespräche geführt werden. „Es ist dringend nötig, dass das Vertrauen der Verbraucher auch in Testergebnisse und Zertifikate nicht-staatlicher Organisationen und Firmen hoch bleibt.“

Der ADAC sagte unterdessen eine für Donnerstag geplante Pressekonferenz beim Verkehrsgerichtstag im niedersächsischen Goslar ab. Die derzeitigen Diskussionen würden die juristischen Fachthemen überlagern, teilte der Autoclub mit.