Wegen einer Attacke auf eine 17-Jährige wird ein Mann unbekannten Alters in eine Klinik eingewiesen. Warum es überhaupt zu dem Angriff in Allmersbach am Weinberg kam, wird wohl nie vollständig geklärt werden.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Aspach/Stuttgart - Die 8. Große Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts hat am Freitag im Prozess um den Messerangriff auf eine 17-Jährige ein Urteil gefällt. Sie kam zur Überzeugung, dass der Angeklagte, ein Mann aus Afghanistan, dessen Alter nicht feststeht, im Aspacher Ortsteil Allmersbach am Weinberg eine Erntehelferin aus heiterem Himmel attackiert hat. Da der geistig behinderte Mann als schuldunfähig eingestuft wird, kommt er nun in eine Psychiatrie.

 

Eine Zeugin hört die Hilfeschreie in Aspach

An einem Abend im Juni vergangenen Jahres war eine 17 Jahre alte Jugendliche, die auf einem nahen Betrieb als Erntehelferin arbeitete, spazieren gegangen. Der Fremde fragte sie nach einer Bushaltestelle. Sie antwortete ihm und sah in diesem Moment, dass er ein Messer in der Hand hielt. Er soll Schnittbewegungen in ihre Richtung gemacht haben – es kam zu einem Kampf, bei dem er ihr Handy wegwarf, auch ihre Brille ging verloren.

Obwohl sie sich Verletzungen an beiden Händen zuzog, schaffte sie es vorübergehend, ihm das Messer wegzunehmen. Dann rang er sie in einem Feld nieder, steckte das Messer in den Boden und hielt ihr Mund und Nase zu. Als auf dem Feldweg eine Zeugin vorfuhr, die die Hilfeschreie der Polin gehört hatte, suchte er das Weite.

Auch wenn der Afghane aufgrund seines geistigen Zustands vor Gericht nichts zu der Tat sagen und vielleicht den Grund, warum er dort überhaupt saß, nicht wirklich erfassen konnte: Daran, dass er die junge Frau überfallen hatte, hat nie ein Zweifel bestanden. Das Opfer hatte ihn vor Gericht identifiziert, DNA-Spuren unter den Fingernägeln des Mannes konnten der 17-Jährigen zugeordnet werden. Sowohl der Pflichtverteidiger als auch der Staatsanwalt hatten am Ende gefordert, den Mann in einer Psychiatrie unterzubringen. Letzterer war überzeugt, dass der Afghane mit seinen psychischen Erkrankungen eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.

Der geistig Behinderte hat immer wieder Wutausbrüche

Vermutlich ist die Unterbringung in einer Fachklinik auch für den Mann selbst die beste Lösung: Eine Sozialarbeiterin hatte vor Gericht erzählt, sie hätte den Eindruck gehabt, die Familie habe den Behinderten anfangs verstecken wollen; der Kontakt sei schwierig gewesen. Weder der Angeklagte selbst noch seine Mutter konnten sagen, wie alt er überhaupt ist.

Auch sein ältester Bruder wollte vor Gericht nichts erzählen. Einzig der psychiatrischen Gutachterin war es gelungen, einen Teil des Innenlebens des Behinderten herauszuarbeiten. Sie berichtete von Wutausbrüchen, Schlafstörungen und Albträumen, die wohl von traumatischen Erlebnissen in Afghanistan herrührten.

Was den Angriff an jenem Sommerabend überhaupt ausgelöst hatte, wird wohl für immer ungeklärt bleiben. Ein sexuelles Motiv scheint es – auch laut den Schilderungen des Opfers – nicht gegeben zu haben. Die junge Frau war allerdings überzeugt: Wäre nicht im letzten Moment das Auto auf dem Feldweg erschienen, wäre sie heute nicht mehr am Leben.