Vor dem Unfall mit vier verletzten Kindern  ist das betroffene Fahrgeschäft nicht kontrolliert worden. Die Polizei hat das Karussell inzwischen beschlagnahmt.

Remseck - Dem elfjährigen Jungen, der bei einem Unfall mit einem Kinderkarussell auf dem Straßenfest in Remseck am Samstag schwer verletzt wurde, geht es mittlerweile besser. Zunächst habe das Kind intensivmedizinisch betreut werden müssen, sagt Peter Widenhorn, Sprecher des Ludwigsburger Polizeipräsidiums. Am Montag sei der Junge aber auf einer normalen Station eines Krankenhauses versorgt worden.

 

Insgesamt sind bei dem Unglück am Wochenende vier Kinder im Alter von zehn und elf Jahren verletzt worden. Aus noch ungeklärter Ursache hatte sich eine Gondel des Karussells „Crazy fruits“ bei voller Fahrt aus der Verankerung gelöst und war auf eine andere Kabine geprallt, wobei drei Kinder Blessuren erlitten. Ein viertes Kind wurde verletzt, weil es von einem umherfliegenden Teil getroffen wurde. Nach dem Unfall wurde das Fahrgeschäft gesperrt.

Keine Kontrolle vor der ersten Fahrt in Remseck

Am Montag hat ein Gutachter seine Arbeit aufgenommen und das Karussell untersucht. Der Experte soll klären, wie es zu dem folgenschweren Zwischenfall kommen konnte. Das Fahrgeschäft wurde von der Polizei beschlagnahmt, es steht noch auf dem Gelände des am Sonntag beendeten Festes. Die Beamten ermitteln wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gegen den Betreiber, eine Firma aus Murrhardt (Rems-Murr-Kreis). Auf Anfrage unserer Zeitung wollten sich die Schausteller nicht zu dem Vorfall äußern.

Klar ist, dass das Karussell vor Beginn des Straßenfestes nicht vom Tüv Süd geprüft worden ist – anders als zunächst berichtet. Wie der Tüv-Sprecher Thomas Oberst klarstellt, sei das Fahrgeschäft in den vergangenen Jahren nicht von seinem Unternehmen untersucht worden – weder im Rahmen von regelmäßigen Checks, ähnlich der Hauptuntersuchung bei Autos, noch vor der Inbetriebnahme beim Remsecker Fest. Die Prüfplakette an dem Karussell, das in den 1980er-Jahren gebaut wurde, stammt vom Tüv Nord, der mit dem ähnlich lautenden Tüv Süd aus München nichts gemeinsam hat. Das Zertifikat sei noch bis Ende des Jahres gültig, bestätigt der Erste Bürgermeister von Remseck, Karl-Heinz Balzer. Vor Beginn des Straßenfestes sei der Stadt als zuständiger Baurechtsbehörde das Siegel vorgelegt worden. Eine Vor-Ort-Kontrolle nach dem Aufbau des Karussells habe es nicht gegeben.

Laut Balzer sei der Schausteller schon seit vielen Jahren auf dem Fest präsent, „wir hatten keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit zu zweifeln“. Rechtlich ist dieses Vorgehen in Ordnung. Laut den Vorschriften für sogenannte fliegende Bauten, zu denen Fahrgeschäfte gehören, „kann die Baurechtsbehörde die Inbetriebnahme von einer Gebrauchsabnahme abhängig machen“ – sie muss es aber nicht tun.

Gutachter soll den Grund des Unglücks ermitteln

Gleichwohl weist das Rathaus in einer schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass die Stadt das Straßenfest nicht ausgerichtet habe. Auch das betroffene Fahrgeschäft sei nicht von der Verwaltung, sondern der Straßenfestgemeinschaft, „einem losen Zusammenschluss von Remsecker Vereinen“, beauftragt worden. Das Karussell sei zudem auf einem privaten Grundstück aufgebaut worden.

Generell sind die Anforderungen der Kontrolleure an Fahrgeschäfte groß, auch an vergleichsweise kleine wie in Remseck. So wird jedes Fahrgeschäft vor seinem ersten Start genau untersucht. Dazu werden in der Regel die Experten des Tüv herangezogen, es gibt allerdings auch andere Gutachter. In der Folge werden die Fahrgeschäfte alle ein bis drei Jahre durchgecheckt, damit die Betriebserlaubnis verlängert werden kann. Untersucht werden dabei die Statik des Fahrgeschäfts, die Mechanik und seine Hydraulik. Besonders bei modernen Fahrgeschäften wird zudem die Steuerungselektronik überprüft.