Grünen-Chefin Baerbock fordert die Bundesregierung „inständig“ auf, alle deutschen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. SPD-Chefin Esken äußert sich vorsichtiger - doch auch sie sieht eine „ganz gefährliche Eskalation“.

Berlin - Nach der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Luftangriff in Bagdad ist in Deutschland eine Debatte über den Bundeswehreinsatz im Irak entbrannt. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte am Samstag im Deutschlandfunk, das Mandat müsse möglicherweise überprüft werden, wenn sich die Situation vor Ort verändere. Forderungen nach einem sofortigen Abzug schloss sie sich aber nicht an. Grünen-Chefin Annalena Baerbock verlangte dagegen, alle deutschen Soldaten sofort aus dem Irak herauszuholen.

 

Die Bundeswehr hat die Ausbildung von Sicherheitskräften der Kurden und der Zentralregierung im Irak inzwischen ausgesetzt. Eine entsprechende Entscheidung hatte das Hauptquartier der Koalition gegen die Terrormiliz IS getroffen, um die eigenen Kräfte zu schützen. Das deutsche Kontingent für den internationalen Einsatz zählt derzeit 415 Männer und Frauen. Geführt wird es aus Jordanien, wo davon rund 280 Soldaten stationiert sind. Knapp 90 Bundeswehrleute sind im nordirakischen Kurdengebiet im Einsatz, um dort kurdische Kräfte auszubilden. Ihre Schulungen ruhen nun.

„Gefährliche Eskalation“ nach US-Schlag

Esken betonte, die Mission sei ausgesetzt und nicht sofort beendet worden, weil man die Lage im Moment noch nicht beurteilen könne. „Zur Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten ist das jetzt die richtige Entscheidung, dann müssen wir sehen, wie die Situation sich entwickelt“, sagte die SPD-Vorsitzende. „Die Mission war schon richtig angelegt, aber wenn die Situation jetzt droht zu eskalieren, müssen wir unsere Soldatinnen und Soldaten auch schützen.“ Nach dem US-Schlag gebe es eine „ganz gefährliche Eskalation“. Sie rechne mit einer Radikalisierung des Irans. Es werde Reaktionen auf den US-Angriff geben und das werde Menschenleben kosten.

Grünen-Chefin Baerbock forderte dagegen den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem Irak. „Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran eskaliert dramatisch“, sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. Damit sei die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten im Irak nicht mehr zu gewährleisten. „Wir fordern die Bundesregierung inständig auf, die sofortige Evakuierung aller deutschen Truppen einzuleiten.“ Am Irak-Einsatz jetzt festzuhalten, wäre „schlicht unverantwortlich“.

Nach diplomatischer Lösung suchen

Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth verlangte eine generelle Überprüfung der Mission. Den Einsatz auszusetzen sei die „einzig richtige Entscheidung“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. „Nun muss die Mission im Lichte jüngster Entwicklungen grundlegend auf den Prüfstand.“ Alle seien gefragt, eine diplomatische Lösung zu suchen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wandte sich dagegen, den Bundeswehreinsatz im Irak zu beenden. Die Stärkung der irakischen Armee sei „entscheidend dafür, dass Irak als Staat langfristig seine eigene Sicherheit selbst gewährleisten kann“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Unionsfraktionsvize Johannes Wadephul sagte den Funke-Zeitungen: „Deutschland hat ein Interesse an der Stabilisierung der Region. Die erreicht man nicht durch Rückzug und Wegschauen.“