Eine Asperger Hausgemeinschaft singt seit dem 22. März jeden Abend „Der Mond ist aufgegangen“. Nun hört sie auf. Was wird bleiben?

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Asperg - Es ist 19.14 Uhr, und es fängt an zu tröpfeln. Inge Meixner schaut von ihrem Balkon im zweiten Stock zum Himmel. Vor das Blau hat sich eine hellgraue Wolke geschoben. Sie ist überschaubar. Es könnte also gerade so reichen. Von unten ruft jemand: „Meine Wetter-App sagt, dass es nicht regnet um halb acht.“ Vom Nebenhaus winkt eine Hand hinter den Büschen. Noch 16 Minuten. Frau Meixner schaut zuversichtlich. „Vielleicht hört es bis dahin auf“, sagt die 82-Jährige am 89. Tag des allabendlichen Rituals. Ihre Tischharfe verträgt keine Feuchtigkeit und auch keine Kälte. Sie gibt dann nur noch schräge Töne von sich. Spielt das Wetter nicht mit, packt sie das sensible Stück erst gar nicht aus. Ihre Nachbarn müssen an solchen Abenden ohne Harfenklänge von ihren Balkonen, Terrassen und Gärten „Der Mond ist aufgegangen“ singen. Das geht natürlich auch – ist aber weniger schön. Und das Instrumentalstück „Guten Abend, gut Nacht, mit Rosen bedacht“ gibt es dann leider auch nicht als Zugabe.