Bei einem Fest am Wochenende ist es um viel mehr gegangen als um Geselligkeit. So mancher Nachbar wusste noch gar nicht, dass der Verein seinen Sitz im Westen hat.

S-West - Banner mit roten Schleifen zieren das altehrwürdige Gebäude an der Johannesstraße 19. Biertischgarnituren laden zum Verweilen ein. „Hier ist die Aids-Hilfe?“, fragt ein Mittdreißiger seinen Kollegen und räumt ein: „Das wusste ich ja noch gar nicht.“ Dabei arbeiten beide seit Jahren gleich um die Ecke. Das zeigt: Das Sommerfest des Stuttgarter Vereins ist nicht nur ein Treffpunkt für alle, die die Angebote in Anspruch nehmen oder sich haupt- und nebenamtlich für die Aids-Hilfe engagieren. Es ist auch ein Signal an die Nachbarschaft. Die Botschaft: Wir sind hier, und wir wollen euch kennenlernen. Unterschiedliche musikalische Darbietungen zwischen Bob Dylan und Ballermann sowie kulinarische Leckerbissen unterstreichen den einladenden Charakter der Traditionsveranstaltung am vergangenen Freitagabend.

 

Die Krankheit betrifft immer noch viele

„Wir spielen jedes Jahr hier“, gibt Ulf Leuker zu verstehen, er sitzt beim Duo PiaCant an den Tasten. „Zum einen ist diese Veranstaltung etwas Besonderes, weil man hier einmal im Jahr alle möglichen Leute trifft, die beruflich, als Betroffene oder Interessierte mit dem Thema HIV zu tun haben. Zum anderen finde ich es auch wichtig, das öffentliche Bewusstsein wach zu halten.“ Die Behandlungsmöglichkeiten seien inzwischen so weit fortgeschritten, dass HIV-positiv nicht mehr automatisch heißt, dass man überall ausgeschlossen sei, so Leuker. Umso wichtiger sei es, daran zu erinnern, dass die Krankheit immer noch viele betreffe.

Dejan Perc, Kreisvorsitzender der SPD, würdigt die Rolle der Aids-Hilfe in diesem Zusammenhang. „Der Verein ist sehr präsent in der Stadt und tut eine Menge dafür, das Thema trotz aller Fortschritte bei der Behandelbarkeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen“, hält er fest. „Gleichzeitig tragen Veranstaltungen wie das Sommerfest und der Weihnachtsball der Aids-Hilfe auch dazu bei, Berührungsängste abzubauen.“ Neben Perc sind auch Andreas Winter (Grüne) und Laura Halding-Hoppenheit (Linke), Vorstandsmitglied des Vereins, vor Ort. Letztere kommt kaum zur Ruhe, weil ständig Bekannte zu begrüßen sind. Die Atmosphäre ist familiär – aber nicht exklusiv. Deniz (32) hat mit seiner Frau spontan vorbeigeschaut, um den Sommerabend zu genießen. „Das war eine spontane Entscheidung“, sagt er. „Es ist nett, hier zu sitzen. Ich finde, es sollte mehr solche kleinen Straßenfeste geben.“

Kein Fest bis zum Feuersee

„Ich möchte eigentlich gar nicht, dass das Sommerfest größer wird“, überlegt Franz Kibler, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Stuttgart. „Als Dankeschön an alle, die sich das Jahr über engagieren, als Treffpunkt und als inklusives Beisammensein mit Nachbarn und Neugierigen reicht das, was wir hier haben, vollkommen aus. Ich möchte kein Straßenfest bis hinunter zum Feuersee.“ Aytekin Celik (Grüne) begrüßt dieses Konzept. „Im Grunde ist das hier immer noch ein Nachbarschaftsfest für alle, die an der Aids-Hilfe beteiligt sind und die Nachbarschaft“, stellt er fest und kommt zum Schluss: „Das hat seinen ganz eigenen Charme.“