Der Onkel ist gestorben. Aber niemand scheint so richtig traurig darüber zu sein. Von einem Menschen, mit dem es Schicksal nicht allzu gut meinte, der immer ein Außenseiter blieb – in seinem Kopf aber vielleicht doch seinen Platz auf der Welt gefunden hat.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Es gibt Menschen, die sagen: „Kann ich was helfen?“ Sie wissen, wo man anpacken muss – und merken auch, wenn sie im Weg stehen. Als ich einmal zu einem großen Familienfest geladen hatte, klingelte es bereits um zehn Uhr. Mühsam kletterte mein großer, stark übergewichtiger Onkel Michael aus dem Taxi und keuchte die Treppe hoch – zwei Stunden zu früh und ohne jedes Bewusstsein, dass er stören könnte. Schnaufend setzte er sich aufs Sofa und wartete, dass ich mich nur noch um ihn kümmere, ihn bewirte, unterhalte und mich mindestens so über das Treffen freue wie er.