Sie war eine Freiheitsheldin mit dunklen Flecken. Die Ex-Frau von Nelson Mandela hat viele Verdienste im Kampf gegen die Apartheid erworben, doch „Mama Südafrika“ war auch eine schillernde Persönlichkeit.

Stuttgart - Winnie Mandela, die Ex-Frau des südafrikanischen Befreiungshelden und Führers des Afrikanische Nationalkongresses (ANC) Nelson Mandela, war in den vergangenen Jahren in der Versenkung verschwunden – kompromittiert und von der Welt vergessen. Am Montagnachmittag starb Winnifred Madikizela-Mandela überraschend in ihrer Villa in Soweto: Sie sei nach langer Krankheit im Kreis ihrer Familie „friedlich entschlafen“, teilte ein Sprecher der Familie mit.

 

Dass die 81-Jährige sterbenskrank war, hatte sich nicht einmal in Südafrika herumgesprochen. Selbst südafrikanische Jugendliche sind sich der einstigen Bedeutung der Jeanne d’Arc der schwarzen Townships heute kaum noch bewusst, obwohl Winnie Mandela – neben Erzbischof Desmond Tutu – in den 1980er Jahren die zweifellos wichtigste und bekannteste Persönlichkeit des Antiapartheidkampfes war. Der ersten schwarzen Sozialarbeiterin des Landes war es vor allem zu verdanken, dass ihr inhaftierter Ehemann Nelson Mandela nicht im Kerker auf der Gefängnisinsel Robben Island in Vergessenheit geriet.

Mit der Zeit wurde sie immer radikaler

Für die Apartheidherrscher war sie die Feindin Nummer eins: Mehrmals wurde sie inhaftiert und in Verbannung geschickt, mehrere Jahre lang musste sie von der Öffentlichkeit abgeschottet in dem Kuhnest Brandfort in der Freistaat-Provinz darben. Ihre Verfolgung sorgte allerdings nur dafür, dass Winnie immer radikaler wurde. Berühmt wurde ihr Zitat: „Mit unseren Streichhölzern werden wir das Land befreien“, das auf die umstrittene Praxis ANC -naher Jugendlichen anspielte, vermeintlichen Verrätern des Befreiungskampfes benzingetränkte Autoreifen um den Hals zu stülpen und anzuzünden. Die Opfer starben unter unsäglichen Qualen. Zum ersten Mal erhielt das Ansehen der Kämpferin einen dunklen Fleck. Ende der 1980er Jahre legte sich Winnie Mandela einen Schutztrupp, über den sie eine Terrorherrschaft in Soweto ausübte: Wer sich kritisch gegenüber der „Mama Südafrika“ äußerte, musste mit schlimmen Folgen rechnen. Die Gang-Mitglieder brachten den 14-jährigen Stompie Seipei um – wofür Winnie Anfang der 90er Jahre zu sechs Jahren Haft wegen Entführung verdonnert wurde. Das Urteil wurde später in eine Geldstrafe verwandelt.

Die traurigste Zeit der Heldin sollte allerdings nach der Freilassung ihres 27 Jahre lang eingesperrten Ehemanns folgen. Schnell stellte sich heraus, dass sich das einstige Traumpaar auseinandergelebt hatte: „Ich habe mich noch nie so einsam wie hier gefühlt“, sagte Nelson später von der gemeinsamen kurzen Zeit in der Familienvilla in Soweto – bevor er auszog und sich 1996 scheiden ließ. Eine 38 Jahre lange Liebe, die in zahlreichen Befreiungsliedern besungen wurde, war ruiniert. Winnie diente im ersten Kabinett ihres Ex-Ehemanns noch als Vize-Kulturministerin, strauchelte jedoch auch dort über einen Korruptionsskandal.

Wenn überhaupt machte sie als selbsternanntes Sprachrohr der ärmsten Südafrikaner auf sich aufmerksam – zum Leidwesen ihrer Partei, die sie zunehmend als Querschießerin beargwöhnte. Zuletzt sorgte Winnie Mandela für Schlagzeilen, als sie entgegen der testamentarischen Verfügung Nelson Mandelas dessen Villa für sich in Anspruch nahm. Ihr muss ein Platz im Olymp der südafrikanischen Befreiungshelden eingeräumt werden – anders als der ihres Ex-Mannes liegt dieser Platz jedoch zur Hälfte im Schatten.