Das plötzliche Aus der Clubs Tonstudio und Muttermilch erweckt den Eindruck, dass das Stuttgarter Nachtleben auf dem Rückzug ist. Doch stimmt das wirklich? Die Gaststättenbehörde führt streng Buch über sogenannte Tanzlokale.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Wenn der Lieblingsladen zumacht, ist die Enttäuschung verständlicherweise groß. Der Frust wird schließlich an der Stadt abgelassen. So auch bei den bevorstehenden Schließungen der Clubs Tonstudio und Muttermilch an der Theodor-Heuss-Straße. Stuttgart sei Nachtschwärmern gegenüber feindselig gestimmt, kritisieren Betroffene. Doch ist die Empörung gerechtfertigt? Die Zahlen der Gewerbe- und Gaststättenbehörde sagen: Eine größere Auswahl an Clubs hat es in Stuttgart nie gegeben.

 

Bei dieser Rechnung berücksichtigt die Stadt sowohl Clubs – im Verwaltungsjargon noch heute „Tanzlokale“ – als auch Bars, in denen faktisch Clubbetrieb herrscht und bis in die Morgenstunden getanzt wird. Die Schräglage beim Rathaus war bis vor wenigen Jahren noch so ein Kandidat: Den Hip-Hop-Laden würde wohl kaum jemand als etwas anderes als einen Club bezeichnet, eine Konzession gab es aber lange keine.

Jedenfalls zählte die Gaststättenbehörde etwa vor zehn Jahren sieben Clubs mit Konzession, vor fünf Jahren elf und Ende 2017 insgesamt 13 Diskotheken. In die Kategorie De-Facto-Club ohne Konzession fallen laut Verwaltung ungefähr 40 Lokalitäten.

„Wir beobachten, dass die Zahl der Clubs in Stuttgart etwa im selben Maße steigt wie die Gesamtzahl der Gewerbebetriebe in der Landeshauptstadt“, sagt Benno Bartosch, der stellvertretende Leiter der Gewerbe- und Gaststättenbehörde. So habe es Anfang 2008 in Stuttgart etwas mehr als 48 000 Gewerbebetriebe gegeben, 2017 seien es 55 000 gewesen.

Dass es Fluktuation im Nachtleben gibt, hält Bartosch für unproblematisch. „Die Clubszene trägt zur kulturellen Attraktivität der Stadt Stuttgart bei“, sagt er, „Veränderungen sind auch Chancen: Schließlich wollen die Leute auch mal etwas Neues erleben.“ Vielleicht ist das auch ein Grund, warum die Verwaltung offenbar eine gewisse Kulanz an den Tag legt, was Clubbetrieb ohne Konzession angeht.

Beim Thema Brandschutz hört der Spaß auf

So, wie er übrigens auch im Tonstudio und im Muttermilch an der Tagesordnung war: Beide Clubs können lediglich eine Schankkonzession vorweisen. „Als Verwaltung sind wir aufgefordert, Augenmaß zu bewahren“, erklärt Bartosch. Sprich: Es gibt einen Bestandschutz.

Bei Neueröffnungen gebe es hingegen viel weniger Spielraum. Zumal die Stellplatzgebühr, oft die größte Hürde für Clubbetreiber, eine Konzession zu beantragen, per Gemeinderatsbeschluss deutlich gesenkt wurde. Beim Thema Brandschutz hört aber auch bei den am ältesten eingesessenen Kult-Clubs der Spaß auf. „Da geht die Sicherheit dann eindeutig vor“, sagt Bartosch.

Die These, dass immer mehr Clubs in der Stadt schließen, ist es sich also nur eine gefühlte Wahrheit. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Natürlich sagen diese Zahlen nichts über die Qualität der Stuttgarter Clubs aus – wenn sich diese überhaupt in objektiven Kategorien messen lässt.