Als der Haushalt aufgestellt wurde, rechnete das Land mit 33 000 Flüchtlingen im Jahr 2015. Die waren aber schon im August da, weshalb das bereit gestellte Geld nicht reichen wird. Die Fraktionen beraten jetzt über einen Nachtragshaushalt.

Stuttgart - Die Herbstklausuren der Landtagsfraktionen werden – zumindest auf Regierungsseite – die Kosten für die Flüchtlingshilfe zum Thema haben – und wie sie in einem Nachtragshaushalt eingearbeitet werden sollen. Der Chef der SPD-Fraktion, Claus Schmiedel, hat gegenüber der Nachrichtenagentur dpa angedeutet, die steigenden Flüchtlingszahlen machten im Land zusätzliche Ausgaben in Milliardenhöhe nötig. Die bisher im Haushalt bereitgestellten Beträge reichten bei Weitem nicht. Schmiedel sagte aber auch, das Ziel der grün-roten Landesregierung, im kommenden Jahr keine neuen Schulden aufzunehmen, sei nicht in Gefahr. Für 2015 plant Grün-Rot bis jetzt mit einer Kreditaufnahme von 770 Millionen Euro.

 

Am Dienstag beginnt die Fraktionsklausur der Sozialdemokraten in Ludwigsburg. Die Abgeordneten der Grünen kommen in Ulm zusammen. Auch bei ihnen werden die finanziellen Folgen des Flüchtlingsgeschehens Thema sein. Welche Zahlen dabei ins Gespräch gebracht werden, wollte am Wochenende niemand sagen.

Zahlen weit überholt

Im April hatte der Landtag den ersten Nachtragshaushalt verabschiedet. Darin wurden für die Flüchtlingshilfe im laufenden Jahr schon einmal 177 Millionen Euro Mehrausgaben veranschlagt, im kommenden Jahr sollten es 189 Millionen mehr sein. Die Grundlage für diese Berechnung vor fünf Monaten war die Annahme, dass nicht wie zunächst prognostiziert 23 000 Flüchtlinge vom Land zu betreuen sein würden, sondern 33 000. Bis Ende August waren freilich bereits 38 100 Asylbewerber in Einrichtungen im Südwesten untergebracht worden. In der ersten Septemberwoche hat sich der Zustrom weiter erhöht. Aktuell rechnet man damit, dass in diesem Jahr 100 000 Menschen im Land aufgenommen und versorgt werden müssen – das wären dreimal so viele als kalkuliert.

Einem Sprecher von Finanzminister Nils Schmid (SPD) zufolge dient der Nachtragsetat auch dazu, die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Flüchtlingszahlen transparent zu machen. Das Land könne sich noch aus einer Rücklage bedienen. Diese war im Urhaushalt für unerwartet steigende Ausgaben für Flüchtlinge angelegt worden. Ein Teil der Reserve musste bereits für den ersten Nachtragshaushalt aktiviert werden. Derzeit stehen daraus noch 460 Millionen Euro zur Verfügung. Ausgaben in einer solchen Größenordnung quasi freihändig am Haushaltsgesetzgeber vorbei zu tätigen sei aber nicht Sinn der Etatpolitik, so der Sprecher.

Reserven beansprucht

Wahrscheinlich reicht das Geld aus dem Reservebunker aber auch gar nicht mehr aus, um den gestiegenen Aufwand zu finanzieren. Dann müssten andere – stille – Reserven im Haushalt offengelegt werden. Der Spielraum, den sich Grün-Rot im Etat geschaffen hat, schrumpft dadurch zusammen. Immerhin gibt es aber noch einen Spielraum, so dass von Ausgabenkürzungen an anderer Stelle oder einer erhöhten Kreditaufnahme nicht die Rede war.

Ein haushaltsrelevantes Datum ist der 3. November, wenn in Nürnberg die Steuerschätzer zur Herbsttagung zusammenkommen. Der zweite Nachtrag fürs Land ist aber offenbar schon für früher geplant.