In Freiburg klagen viele Bürger über den Transitverkehr von der Rheintalautobahn A5 Richtung Donaueschingen und umgekehrt vom Schwarzwald ins Rheintal. Deshalb soll nachts künftig fast im gesamten Stadtgebiet Tempo 30 gelten – doch vielen Gemeinderäten reicht das noch nicht.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Freiburg will auch auf seinen Hauptstraßen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer. Der Gemeinderat der 230 000 Einwohner zählenden Stadt hat jetzt einstimmig beschlossen, künftig zwischen 22 und 6 Uhr nahezu im ganzen Stadtgebiet Tempo 30 einzuführen. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen sind Teil des Lärm-Aktionsplans, der bereits 2015 beschlossen wurde. Vielen Gemeinderäten geht der Plan noch nicht weit genug.

 

Grund für Klagen vieler Bürger ist der Transitverkehr von der Rheintalautobahn A 5 Richtung Donaueschingen und umgekehrt vom Schwarzwald ins Rheintal. Links und rechts des Dreisam-Flusses passieren auf der B  31 jeden Tag tausende Pendler, Mautvermeider und Touristen in hoher Zahl den Rand der Innenstadt. Ein teurer Stadttunnel ist zwar in den vordringlichen Bedarf des Bundeswegeplans aufgenommen worden, aber bis er einmal realisiert ist, wird es noch etliche Jahre dauern. Bis dahin wollen die Gemeinderäte und die Verwaltung nicht warten. An den Dreisamparallelen gilt schon jetzt zwischen 22 und 6 Uhr Tempo 30, nun sollen weitere Strecken folgen. Doch Geschwindigkeitsbegrenzungen können nicht in jedem Fall von Kommunen selbst angeordnet werden. Tempo-30-Zonen in Wohngebieten können aus städtebaulichen Erwägungen von der kommunalen Straßenbehörde eingerichtet werden, ebenso neuerdings auch „streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzungen“. Seit März 2017 hat der Bundesgesetzgeber Tempolimits an Durchgangsstraßen erlaubt, an denen Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen angesiedelt sind. Allerdings nur im Bereich von 300 Metern und während der Betriebszeiten, also etwa von 7 bis 18 Uhr.

Der Lärmschutz genießt einen hohen Stellenwert

Wie in Freiburg werden Tempolimits zunehmend als Lärmschutzmaßnahmen sowohl tagsüber als auch nachts gefordert. „In diesem Fall sind wir Zustimmungsbehörde“, erklärt Alfons Bank, der stellvertretende Referatsleiter Verkehr beim Regierungspräsidium Freiburg. Die Stadt Freiburg muss nachweisen, dass sie ihren Ermessensspielraum korrekt ausschöpft. Grundlage sind die Straßenverkehrsordnung und Daten, die eine Lärmbelastung nachweisen. „Diese Werte werden nach einem einheitlichen Verfahren berechnet, den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“, erläutert Alfons Bank. Aber auch andere Faktoren spielen bei der Genehmigung eine Rolle. „Zum Beispiel die Zahl der Betroffenen und die zumutbare Erreichbarkeit von Ausweichstrecken“, sagt Alfons Bank. Zudem muss abgewogen werden, ob für die Anwohner schalldichte Fenster oder Schallschutzwände wirksamer wären.

„Der Lärmschutz nimmt mittlerweile einen hohen Stellenwert ein“, sagt Bank. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg hat ergeben, dass die Reduzierung von Tempo 50 auf 30 vom menschlichen Ohr als Halbierung des Verkehrs wahrgenommen wird. Die höchsten Lärmpegel haben schwere Lastwagen und Motorräder. Hinzu kommt, dass Kraftverkehr eine Menge an Schadstoffausstoß mit sich bringt. Auch das kann zu Geschwindigkeitsbegrenzungen führen, so wie etwa in Schramberg, wo seit 2016 mit Genehmigung des Regierungspräsidiums in der Ortsdurchfahrt Tempo 30 gilt.

Freiburg ist mit seinem Lärmschutzplan kein Einzelfall, die Tempo-30-Zonen und –Strecken haben überall im Land zugenommen. „Wir haben flächendeckend einen unübersehbaren Flickenteppich“, erklärt Edgar Neumann, Sprecher des Landesverkehrsministeriums.

Verkehrssicherung dank reduzierter Geschwindigkeit

Geschwindigkeitsbeschränkungen sind nach Paragraph 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) als verkehrssichernde Maßnahmen, aber auch zum Schutz der Wohnbevölkerung durch Lärm und Abgase möglich. Generelle Tempo-30-Zonen sind im „überörtlichen Verkehr“ auf Bundes-, Land- oder Kreisstraßen“ und Vorfahrtsstraßen nur möglich, wenn dies „auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist“. Die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) sind durch das Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 8/1990 des Bundesministers für Verkehr im Einvernehmen mit den obersten Straßenbaubehörden der Länder eingeführt worden. Mit den Richtlinien soll eine einheitliche Verfahrensweise erreicht werden um den Nachweis der Erforderlichkeit von Lärmschutzmaßnahmen zu führen, wirtschaftliche und wirkungsvolle Lösungen zu entwickeln und Schutzmaßnahmen zu bemessen und zu optimieren.