Es gibt weniger Freiwillige, die für ein gutes soziales Klima in den Städten das Gespräch mit Jugendlichen suchen. Personalnöte hat etwa die Pilotkommune Nürtingen. Teilweise wird aber auch gar kein Bedarf für dieses Angebot mehr gesehen.

Kreis Esslingen - Sie gehen in kleinen Gruppen durch Städte und Gemeinden, suchen Treffpunkte von Jugendlichen auf, damit Ruhestörungen und Konflikte bestenfalls erst gar nicht entstehen. Vor rund zehn Jahren haben sich in der Region Nachtwanderer formiert. Doch die ambitioniert gestarteten ehrenamtlichen Initiativen kämpfen inzwischen vielerorts mit Personalmangel.

 

Vorreiter der aus Schweden stammenden Idee ist im Kreis Esslingen vor acht Jahren Nürtingen gewesen. Die Nachtwanderer gehen in der warmen Jahreszeit freitags und samstags zum Ende des Tages durch die Stadt und sprechen Jugendliche an, um Spannungen vorzubeugen, soziale Kontakte zu vermitteln, Müll und Randale zu verhindern. Sie möchten Vertrauen aufbauen, Unterstützung und Hilfe für junge Menschen in verschiedenen Lebenssituationen anbieten. So treten sie für ein respektvolles Miteinander ein und tragen dadurch zur Verbesserung des sozialen Klimas bei.

Nürtingen wirbt erneut um neue Mitstreiter

Doch schon zweimal, erst im Sommer 2015 und dann noch einmal im Mai 2017, mussten die von der Stadt Nürtingen unterstützten Nachtwanderer um weitere Mitstreiter werben. Die Zahl der Freiwilligen ist im Laufe der Jahre immer weiter geschrumpft. Erst jetzt hat das Nürtinger Rathaus erneut einen Aufruf gestartet, um neue Nachtwanderer zu gewinnen.

„Viele denken, es sei gefährlich, abends und nachts zu Fuß unterwegs zu sein“, sagt Elisabeth Pfinder-Nohe. Dies sei es aber gar nicht der Fall, berichtet die ehrenamtliche Organisatorin der Nürtinger Nachtwanderer. „Im Gegenteil. Es ist sehr interessant, und man bekommt sehr viel Lob für den Einsatz“, so die ehemalige Krankenschwester.

Die Möhringer Gruppe will Studenten rekrutieren

Nicht nur Nürtingen kämpft mit Personalmangel. Mitstreiter fehlen beispielsweise auch in Stuttgart-Möhringen. „Wir haben schon seit einiger Zeit Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden“, sagt Friedrich Bretz vom Vorstand der Initiative Lebensraum Möhringen-Fasanenhof-Sonnenberg. Die meisten Nachtwanderer seien schon älter, und die Aufgabe sei anstrengend – gerade im Winter, nennt Friedrich Bretz einen Grund für die Erosionserscheinung. Der Verein werde nun versuchen, jüngere Mitstreiter zu gewinnen. „In diese Richtung wollen wir in den Studentenwohnheimen in Möhringen eine Initiative starten“, so Friedrich Bretz.

In Ostfildern hatten vor sieben Jahren Nachtwanderer bereits in den Startlöchern gestanden. Doch die private Initiative kam dann nicht recht vom Fleck, das Vorhaben scheiterte letztlich.

Kein Bedarf mehr in Filderstadt und Kirchheim

Fast zur gleichen Zeit wie in Ostfildern formierte sich eine Gruppe Nachtwanderer in Kirchheim, die vom Frühjahr 2013 bis zum Sommer 2014 aktiv war. Dann wurde der Versuch aber eingestellt, „weil der Bedarf eigentlich gar nicht da war“, wie der Sprecher der Stadt Kirchheim, Dennis Koep, erklärt. Die Einsätze der Nachtwanderer in der Teckstadt hätten sich auf „nette Plaudereien“ mit Jugendlichen beschränkt.

Deshalb habe sich das Rathaus dafür entschieden, die Nachtwanderer aus dem ehrenamtlichen Programm der Stadt wieder herauszunehmen und die Ressourcen an anderer Stelle einzusetzen. Damit ist Kirchheim nicht allein. Auch in anderen Kommunen ist das Angebot überflüssig geworden – so wie in Filderstadt. „Es waren keine Jugendlichen mehr anzutreffen“, sagt die Rathaussprecherin Lena Gillmeister. „Die Gruppe der Nachtwanderer gibt es aber noch, um sie bei Bedarf wieder aktivieren zu können.“

In Köngen bröckeln die Nachtwanderer nicht ab

Gegen den Trend haben die Nachtwanderer in Köngen keine Personalnöte. „Die schwächeln alle im Landkreis Esslingen, außer in Köngen“, sagt der Köngener Jugendhausleiter, Matthias Dold. Rund ein Dutzend Mitstreiter sei nach wie vor mit viel Engagement bei der Sache. Bei den Ehrenamtlichen handle es sich um eine „sehr homogene Gruppe“, die fast schon einem Freundeskreis gleiche mit engen persönlichen Bindungen. „Das schweißt zusammen“, so Matthias Dold.

Ein anderes Modell gibt es in Esslingen. Dort sorgen hauptamtliche Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdiensts (KOD) für Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in der Stadt. Von Mai bis September werden die hauptamtlichen Kräfte vom Freiwilligen Ordnungsdienst in den Nachtstunden unterstützt. Laut Mehmet Koc vom KOD gibt es bisher keine Probleme, ehrenamtliche Mitstreiter zu finden.