Bund und Länder bekennen sich auf der Verkehrsministerkonferenz in Bremen zum verbilligten Monatsticket für den Nahverkehr. Ein erbitterter Streit darüber, wieviel Geld dem ÖPNV danach zur Verfügung steht, stellt aber das ganze Vorhaben in Frage.

Ein offen ausgetragener Konflikt zwischen den Verkehrsministern von Bund und Ländern hat am Donnerstag verdeutlicht, dass die für Anfang Juni geplante Einführung von ÖPNV-Monatstickets für nur neun Euro noch keineswegs sicher ist. Zwar bekannten sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und seine Amtskolleginnen und Amtskollegen aus den Ländern gemeinsam zum Starttermin des Vorhabens, das die Berliner Ampelkoalition im März auf den Weg gebracht hatte – zugleich stellt es ein erbittert geführter Finanzierungsstreit in Frage.

 

„Die Grundidee der Bundesregierung, mit dem Neun-Euro-Ticket auch die Bürgerinnen und Bürger in den aktuellen Krisenzeiten zu entlasten, die dringend auf den ÖPNV angewiesen sind, halten alle Bundesländer für richtig und wichtig“, erklärte die Bremerin Maike Schaefer als aktuelle Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, die auch zusagte, alle Vorbereitungen mit den Verkehrsverbünden weiter voranzutreiben: „Dennoch bleiben wir bei der klaren Forderung, dass der Bund kurzfristig die Regionalisierungsmittel deutlich aufstocken muss – noch in diesem Jahr um 1,5 Milliarden Euro.“ Ohne entsprechende Einigung – so hieß es aus Teilnehmerkreisen – könne es am 20. Mai kein Ja des Bundesrates zum neuen Ticket geben.

3,7 Milliarden reichen den Ländern nicht

In zwei Finanzfragen konnten sich die Länder am Donnerstag mit Wissing verständigen. So bleibt der Corona-Rettungsschirm für den ÖPNV vorerst weiter aufgespannt, weil in Homeofficezeiten generell weniger Menschen Bus und Bahn gefahren sind. Aus dem Bundeshaushalt kommen dafür weiter 1,2 Milliarden Euro, die Länder schießen dieselbe Summe zu. Die Kosten für das 9-Euro-Ticket, das im Juni, Juli und August erhältlich sein soll, werden auf 2,5 Milliarden Euro beziffert, die der Bund vollständig übernehmen wird.

Dieses Geld bekommen die Länder über eine Änderung des sogenannten Regionalisierungsgesetzes, das kommende Woche zum ersten Mal im Bundestag beraten wird. Sie erwarten aber mehr, jedoch „nicht als Bittsteller“, wie der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) unter Verweis auf den Grundgesetzartikel 106a in Bremen sagte. Es müssten sowohl die gestiegenen Energie- und Personalkosten ausgeglichen werden, außerdem dürfe die Qualität des ÖPNV „nach dem schönen Sonderangebot“ in den Sommermonaten nicht schlechter werden und mögliche Neukunden gleich wieder vergraulen, wo es doch das Ziel sei, die Fahrgastzahlen bis 2020 zu verdoppeln.

Wissing bemängelt fehlende Transparenz

Neben dem schon zuvor zugesagten Geld für den Corona-Rettungsschirm und den Mitteln für das Ticket selbst enthält der Regierungsentwurf aber keine zusätzliche Finanzierung. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel ganz generell: „Regionalisierungsmittel werden ab 2022 erhöht.“ Minister Wissing verwies auf eine Bericht des Bundesrechnungshofes und bemängelte die fehlende Transparenz bei der Verwendung der Regionalisierungsmittel durch die Länder. Diesen Vorwurf wiederum wies Hermann vehement zurück.

Nun wollen sich die Länder direkt an die Bundestagsfraktionen der Ampelregierung wenden, um Nachbesserungen in ihrem Sinne zu erreichen. Zumindest bei Sebastian Schäfer, dem Obmann der Grünen im Haushaltsausschuss, treffen sie auf ein gewisses Verständnis. „Bei den Regionalisierungsmitteln ist zusätzlich zur Kompensation der pandemiebedingten Einnahmeausfälle eine Erhöhung im Koalitionsvertrag festgeschrieben“, sagte er unserer Zeitung: „Insofern kann ich Forderungen der Länder an dieser Stelle nachvollziehen.“ Auch er schränkt jedoch ein, dass die Haushaltsspielräume angesichts der Doppelkrise von Corona und Ukrainekrieg begrenzt sind und ein „Ausgleich“ gefunden werden müsse: „Rekordschulden beim Bund und schwarze Null im Landeshaushalt passen nicht zusammen.“