Der Ausbau der Schönbuchbahn holpert erneut. Zuletzt musste die feierlich eröffnete Teilstrecke wieder gesperrt werden. Unter dem Strich stehen um zehn Millionen Euro höhere Baukosten und zwei verschobene Eröffnungstermine – bisher.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Die Freude über die fahrplangemäße Fahrt währte fünf Monate lang. Am 23. Februar hat Landrat Roland Bernhard die Schönbuchbahn feierlich wieder in Betrieb genommen – wenn auch mit monatelanger Verspätung und nur auf dem Teilstück zwischen Dettenhausen und Holzgerlingen, also etwa auf der Hälfte der 17 Kilometer langen Trasse zwischen Böblingen und Dettenhausen.

 

Zum Beginn der Sommerferien wurde eben dieses Teilstück wieder gesperrt, damit ungehindert Kabel verlegt, Schranken gewartet und Weichen montiert werden konnten. Seither stehen die Züge im Depot. Ursprünglich sollten die Arbeiten in den sechs Wochen der Sommerferien erledigt werden. Daraus werden viereinhalb Monate. Bis zum 14. Dezember müssen Fahrgäste in einen Ersatzbus einsteigen, damit bis zu jenem Termin, an dem die ganze Strecke freigegeben werden soll.

Ursprünglich war die Inbetriebnahme für den Dezember 2018 geplant. Dass der derzeit aktuelle Termin gehalten wird „ist zu 99,9 Prozent sicher“, sagt Reinhold Bauer, der Geschäftsführer des Zweckverbands.

0,1 Prozent Restrisiko erscheinen recht wahrscheinlich

Gemessen an den Erfahrungen der Vergangenheit erscheinen die 0,1 Prozent Restrisiko als nicht zu unterschätzen. In den vergangenen Monaten verschickte das Landratsamt Hiobsbotschaften gar im Drei-Wochen-Takt. Schon Auszüge aus ihren jeweiligen ersten Sätzen taugen als Fazit: „Drei Monate später als zuletzt geplant“ – „Die Strecke wird wieder gesperrt“ und jüngst eben „Die Strecke muss leider voll gesperrt bleiben“.

Auf der Liste der unvorhergesehenen Hindernisse steht so ziemlich alles, was einen Bau verzögern und verteuern kann: ein zu harter Untergrund, ein zu weicher Untergrund, geschützte Eidechsenarten, Bombenfunde, fehlerhafte Materiallieferungen, Fehlleistungen am Bau, die Uralt-Technik der Deutschen Bahn an der Endstation Böblingen, Probleme mit der Starkstrom-Versorgung. Unter dem Strich stehen zwei Verschiebungen des Eröffnungstermins und ein Plus bei den Baukosten von zehn auf 77 Millionen Euro.

Alle Gewerke sind teurer geworden als geplant

„Alle Gewerke sind teurer geworden als geplant“, sagt Bauer, „manche erheblich“. Hinzu kommen 19 Millionen Euro für den Bau des Betriebshofs in Böblingen und 53 Millionen für den Kauf der Elektroloks. Diese Woche soll berechnet werden, ob weitere Steigerungen zu erwarten sind. Als letzter Punkt steht auf der Liste der Ungewissheiten das Eisenbahnbundesamt. Die Behörde muss die neue Stellwerkstechnik in Böblingen genehmigen.

Ähnlich zäh wie die Bauarbeiten verlaufen die Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium über Zuschüsse. Für einzelne Posten ist weniger Geld überwiesen worden als erhofft. Andere Förderungen sind noch immer fraglich. Insgesamt „ist relativ viel Geld geflossen“, sagt Bauer, aber „an einigen Stellen fühlen wir uns benachteiligt“. Bemerkenswerterweise hat die grün geführte Landesregierung ihre Summe für den Kauf von Zügen von 50 auf 30 Prozent gekürzt. Zunächst hatte der Zweckverband mit dem höheren Wert gerechnet.

Seit 2017 verhandelt der Verband mit dem Verkehrsministerium

Die Verhandlungen sind noch nicht beendet. Begonnen haben sie 2017. Damals hat das Ministerium zwar zugesagt, dass es den Kauf fördern werde, aber nicht mit welcher Summe. Die Zweckgemeinschaft bestellte die Loks, ohne zu wissen, was sie letztlich kosten würden. „Wir waren zu früh dran, aber wir mussten“, sagt Bauer. Züge haben eben anderen Lieferzeiten als Kleinwagen.

Womöglich gelingt es, die Gesamtbilanz mit einem Rechtsstreit aufzubessern. Bauer verhandelt zurzeit über Schadenersatz. Eine Planungsfirma hält er für verantwortlich dafür, dass falsche Strommasten geliefert wurden. Außerdem waren Gründungen für die Masten fehlerhaft. Bei Holzgerlingen verzögerte felsiger Untergrund das Vorankommen der Bautrupps. „Wir halten das für einen Fehler im Vorfeld“, sagt Bauer. In dieser Woche beginnen Verhandlungen mit den Unternehmen. Für den Fall, dass sie scheitern, ist eine Schadenersatzklage angekündigt.