Einstimmig gibt der Gemeinderat den Kampf gegen Calw auf. Dafür gibt es Mitsprache und eine Toilette.

Nahverkehr - Der Bürgermeister Thilo Schreiber (CDU) weiß, dass das Thema so manchem ein Lächeln abringen wird. „Schmunzeln Sie gerne“, sagte er am Dienstagabend bei der großen öffentlichen Gemeinderatssitzung in der Stadthalle. „Ja, wir haben auch über Toiletten verhandelt.“ Und er habe selbst nie geglaubt, dass er sich einmal freuen werde, wenn andere ein solches stilles Örtchen bezahlen.

 

Aber so ist es: Teil des Kompromisses mit dem Landkreis Calw ist eine neue Toilettenanlage am Weil der Städter Bahnhof. Im Juli 2016 hatte Weil der Stadt beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim Klage gegen die Hermann-Hesse-Bahn eingereicht. Zusammen mit der weiteren Klage des Nabu zum Fledermausschutz ist das der Grund, warum Calw bis heute an weiten Teilen der Reaktivierung der Strecke noch nicht arbeiten kann.

Schreiber war seitdem nicht untätig. Einen außergerichtlichen Vertrag hat der Bürgermeister mit Calw ausgehandelt, der drei Punkte vorsieht. Für die Hesse-Bahn muss nämlich auch der Weil der Städter Bahnhof umgebaut werden. So wird zum Beispiel der derzeit brachliegende Bahnsteig, direkt beim Bahnhofshaus, wieder reaktiviert. „Unsere Forderung an Calw war, dass wir mitreden dürfen“, sagte Schreiber. Calw soll zum Beispiel Infrastruktur spendieren. Neben 20 Fahrradboxen, fünf Lademöglichkeiten für E-Bikes und einer überdachten Sitzmöglichkeit ist das vor allem jene Toilettenanlage.

Mitspracherecht als „größter Verhandlungserfolg“

Zweiter Punkt ist ein Mitspracherecht bei der Vorfahrtsregelung der S-Bahn gegenüber der Hesse-Bahn. „Das ist aus meiner Sicht unser größter Verhandlungserfolg“, berichtet Thilo Schreiber. Seine Stadt bekommt jetzt einen Sitz in dem Gremium, das sich um die Vorfahrt der S-Bahn kümmert. Auf dem Stück zwischen Weil der Stadt und Renningen ist die Hesse-Bahn nämlich zusammen mit der S-Bahn auf denselben Schienen unterwegs. Damit es zu keiner Verspätung der S-Bahn kommt, war den Verkehrspolitikern in Stuttgart und dem Kreis Böblingen eine solche Vorrangregelung wichtig.

Dritter Punkt, der Weil der Stadt die Entscheidung erleichtert, ist der höhere Zuschuss für die Bahnbrücke über die Südumfahrung und für die Bahnübergänge. Wie berichtet, zahlt das Land hierfür jetzt 75 Prozent, nicht nur 50 Prozent.

Der Weil der Städter Bürgermeister ergänzt zudem, dass die Erfolgsaussichten der Klage, wenn er sie durchziehen würde, äußerst gering seien. Er erinnerte daran, dass man im Dezember 2016 schon einmal wegen eines anderen Punktes geklagt hatte. Damals hat Weil der Stadt krachend verloren. „Jetzt haben wir einiges erreicht“, sagte Thilo Schreiber. „Ich kann Ihnen nur ans Herz legen, diesem außergerichtlichen Vergleich zuzustimmen.“

Aus Calw nimmt niemand an der Sitzung teil

Aus Calw war niemand zu Gast bei der Gemeinderatssitzung, dafür der Böblinger Landrat Roland Bernhard. „Mein Rechtsamt hat mir bestätigt, dass Ihre Aussichten äußerst bescheiden sind – ich empfehle, die Klage zurückzunehmen“, sagte Bernhard. Die Weiler Stadträte, die die Entscheidung zu treffen hatten, waren am Ende überzeugt. „Als Realist und Steuerzahler ist es besser, nicht zu klagen“, sagte SPD-Fraktionschef Josef Weber. „Auch wenn es für die Anwohner bedauerlich ist, dass das Thema Lärmschutz nicht weiterverfolgt wird“, fand Michael Hofbauer (CDU). „Wir stimmen zu, auch wenn das Kritiker und Anwohner ärgern wird.“ Einstimmig war am Ende der Beschluss, die Klage zurückzuziehen. In ihren Statements bedankten sich die Stadträte, dass sich der Landrat endlich in ihren Einsatz einreiht, dass die Hesse-Bahn in Weil der Stadt endet und nicht bis Renningen weiterfährt. Wie berichtet, hatte Bernhard Anfang der Woche ein Rechtsgutachten vorgelegt, wonach dies juristisch möglich sei. „Als ich die Schlagzeile in der Zeitung gesehen habe, war das Frühstück gerettet“, sagte der Freie Wähler Klaus-Peter Fritschi. „Wir Bürger haben nie verstanden, warum man Geld verschwendet, um den Bahnhof Renningen umzubauen.“ Darüber muss nun der Verkehrsminister entscheiden.

Mehrere Klagen beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim sind der Grund, warum sich der Bau der Hesse-Bahn bis heute verzögert. Weil der Stadt hatte schon 2016 eine Verhandlung über eine Brücke verloren. Zwei Privatpersonen haben ihre Klage inzwischen zurückgezogen, ebenso wie Weil der Stadt am Dienstagabend. Jetzt steht noch das Verfahren mit dem Nabu aus. Hier stehe man unmittelbar vor einer Einigung, hieß es vergangenen Wiche aus Calw. Damit wäre der Weg für die Bahn frei.