Norbert Rosing ist einer der einflussreichsten Naturfotografen weltweit. In Stuttgart hat der 67-Jährige jetzt seine Ausstellung in der Leica-Galerie eröffnet und dabei so manche Geschichte erzählt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Seine Bilder von Eisbären gehen um die Welt. Der in München lebende Norbert Rosing arbeitet mit seiner Leica ohne Teleobjektiv, will in der Arktis möglichst nah ran an die Raubtiere. So gelingen ihm faszinierende Porträts der weißen Jäger, die oft so sanft auf dem Eis liegen, als wollten sie zum Kuscheln einladen.

 

Dass Eisbären aber sehr gefährlich sein können, hat der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Naturfotograf selbst erlebt. Mit einem Freund ist er einmal in zwei Autos dicht an ein schlafendes Tier herangefahren, erzählte er bei der Vernissage seiner Ausstellung „Wilde Arktis - „Rocks & Things“ in der Stuttgarter Leica-Galerie. Die beiden wollten in ihren Autos warten, bis der Eisbär aufwacht und „irgendetwas tut“, was für ein Foto gut sein könnte. Der Freund hatte sein Autofenster für frische Luft etwas heruntergekurbelt. Um die Wartezeit zu überbrücken, machte er sich eine Suppe. In heißes Wasser schüttete er eine Instanttüte.

Der Eisbär machte kurzen Prozess

Der Duft zog durchs leicht geöffnete Fenster – direkt zur Nase des Eisbären. Die Tiere sind bekannt für ihren guten Geruchssinn. Prompt erwachte der weiße Riese, stand auf, lief auf das Auto zu und machte kurzen Prozess. Mit einem Schlag zertrümmerte der Bär das Fenster.

Geistesgegenwärtig verteidigte sich der Freund, indem er die heiße Suppe dem Angreifer entgegenschleuderte. Der Bär wich zurück, kleine Nudeln klebten kreuz und quer an seinem Gesicht. Norbert Rosing griff zu seiner Leica und dachte, das Foto seines Lebens nun machen können. „Es waren die analogen Zeiten damals“, erinnert sich der 67-Jährige, „ich war bei Foto Nummer 36.“ Mit anderen Worten: Der Film war voll, nix ging mehr.

Seit 1988 war er 50-mal bei den Eisbären in der Arktis

Bis heute ärgert er sich darüber, hat dafür aber eine gute Geschichte zum Erzählen. Und mindestens so gut, wie er fotografiert, erzählt Rosing auch. Das Nudelfoto fehlt zwar in der Ausstellung, aber zahlreiche Meisterwerke sind noch bis zum 24. April im Keller des Leica Store an der Calwer Straße zu sehen. Seit 1988 ist der Fotograf, der als Arktis-Kenner häufig in Talkshows sitzt, 50-mal zu den Eisbären gereist. Das Schicksal der Arktis-Tiere ist eng mit dem Klimawandel verbunden. Rosing setzt sich für den Schutz des Meereises ein. Aber auch sein Heimatland hat’s ihm angetan. Seit über 30 Jahren bereist er die „Naturperlen“ Deutschlands von den Küsten, über die Flüsse, die Mittelgebirge bis zu den Alpen zu allen Jahreszeiten. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt sind die weiten Landschaften der USA.

Eine Ausstellungseröffnung bei Leica ist stets auch ein Treffen der Stuttgarter Fotografen. Bei den Eisbären und beim Auftritt von Saxofonistin Moni Ramoni gesehen: Fotograf Claus Rudolph, der im Mai hier ausstellt, Charakterköpfe-Fotograf Wilhelm Betz, Aktfotografin Tina Trumpp, der Motorsportfotograf Werner Eisele und viele andere.