Im Schwäbisch-Fränkischen Wald setzen die Landwirte auf Direktvermarktung und die Kommunen auf neue Angebote für Tagestouristen aus nah und fern. Eine Rundfahrt durch drei der im Januar beigetretenen Kommunen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Berglen/Allmersbach/Weissach - Thomas Bernlöhr spricht augenzwinkernd von einem „doppelten, halbrunden Jubiläum“. Während der Busrundfahrt durch die neuen Mitgliedskommunen spielt der Vorsitzende des Naturparkvereins Schwäbisch-Fränkischer Wald damit auf 35 Jahre Naturpark und zehn Jahre Naturparkzentrum in Murrhardt an. Bernlöhr, im Hauptberuf Schultes von Welzheim, der Naturpark-Geschäftsführer Bernhard Drixler, einige ehrenamtliche Mitstreiter sowie eine Handvoll Journalisten wollen sich an diesem schwül-warmen Nachmittag ein Bild machen: Was sagen die Akteure vor Ort zum Beitritt der Gemeinden Berglen, Allmersbach im Tal und Weissach im Tal zum Naturparkverein? Sind sie zufrieden? Welche Erwartungen wurden geweckt? Welche Projekte sind geplant?

 

Erste Station Berglen-Erlenhof. Der Landwirt Gert Kerzinger steht auf einer Weide am Rande des kleinen Industriegebiets zwischen seinen Angusrinder und sagt, er hoffe, dass sich der Beitritt Berglens zum Naturpark für seinen Betrieb positiv auswirken werde. Kerzinger ist Direktvermarkter, seine Rinder werden bei einer Lohnschlachterei im Teilort Streich zerlegt und dann vor Ort verkauft. Bis dato, sagt der Bauer, habe Berglen „im Niemandsland“ gelegen – zwischen der Remstal-Route und dem Naturpark – und sei deshalb von vielen potenziellen Kunden womöglich links liegen gelassen worden. Jetzt indes, mit der Hilfe der Profis von der Naturpark-Geschäftsstelle, setze er auf besseres Marketing. Die Reihe „Brunch auf dem Bauernhof“, an der sich Kerzinger beteiligt, sei jedenfalls gut angelaufen.

Streich: 199 Einwohner, aber fünf Brennereien

Der Bürgermeister von Berglen, Maximilian Friedrich, preist seine Kommune in den höchsten Tönen. Die 6000-Einwohner-Gemeinde sei bei jungen Familien beliebt. Viele hätten bemerkt: in Berglen gebe es noch bezahlbaren Wohnraum. Von jedem der 21 Teilort aus sei man in maximal 15 Minuten in einer Großen Kreisstadt. Berglen sei die „streuobstwiesenreichste“ Gemeinde Europas, selbst in den kleinsten Flecken gebe es mitunter mehrere Brennereien – in Streich, 199 Einwohner, fünf.

Station zwei, Allmersbach im Tal. Bürgermeister Ralf Wörner empfängt die Gäste, die in Murrhardt gestartet sind, am Ortstrand oberhalb des alten Sportplatzes, der in den nächsten Monaten und Jahren komplett umgebaut werden soll. Die Kommune hat längst einen neuen Sportplatz gebaut, auf dem alten soll mit finanzieller Unterstützung des Naturparks ein Kräutergarten angelegt werden. Geschätzte Kosten: 50 000 Euro, rund die Hälfte der Summe dürfte der Naturpark zuschießen. Allmersbach habe aber noch viel mehr vor mit dem Areal, erklärt Wörner.

Wohnmobilstellplätze auf dem alten Sportplatz

Die ehemalige Gaststätte des örtlichen Fußballklubs hätten längst die Berg- und Wanderfreunde übernommen. Auf dem Platz unterhalb des Gebäudes sollen unter anderem kleine Holzhütten für Übernachtungsgäste und ein Dutzend Wohnmobilstellplätze entstehen. Ein Rundwanderweg wurde bereits angelegt.

Letzte Station: Weissach im Tal. Die Kommune, sagt Bürgermeister Ian Schölzel, habe schon vor Jahren beantragt, in den Naturpark aufgenommen zu werden. Jetzt sei man endlich dabei. Geschlafen hätten die Akteure vor Ort in Sachen Umweltschutz und Naherholung bis dato aber nicht. Weissach sei mehrmals ausgezeichnet worden für die Pflege und den Erhalt von Streuostwiesen, so der Schulte, der mitten in so einer Wiese bei Wattenweiter steht. „Wir wollen Streuobstwiesen in den Naturpark einbringen und erlebbar machen.“ Den Gäste wird das unmittelbar demonstrierte: Es gibt Apfelsaft und Obstler – aus Früchten von Streuobstwiesen.

Niemand hat mehr Angst vor der Käseglocke

Erweiterung
Der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald ist am 1. Januar diesen Jahres erweitert worden. Neu hinzugekommen sind außer den Kommunen Berglen, Allmersbach im Tal und Weissach im Tal Michelbach, Gaildorf und Sulzbach-Laufen im Kreis Schwäbisch Hall sowie Abtsgmünd, Adelmannsfelden, Obergröningen, Eschbach und Ruppertshofen im Ostalbkreis. Insgesamt hat die Fläche um rund 40 Prozent zugelegt, von bis dato 916 Hektar auf nun 1270. Alle Broschüren erscheinen jetzt mit einem neuen Logo, das Wälder, Wiesen, ein Tal und eine Mühle zeigt.

Kritik
Als die Gründung des Naturparks diskutiert wurde, hagelte es Kritik. Die Befürchtung: Man wolle eine Käseglocke über die Landschaft stülpen. Diese Kritik ist indes längst verstummt.