In Mühlhausen sind nicht nur im Rainwald zahlreiche Bäume für ein Schlingnatter-Biotop gefällt worden, sondern auch Robinien in der nahen Mäurachklinge. Naturschutzwart Jürgen Gesierich hat an Oberbürgermeister Fritz Kuhn geschrieben und die Umweltmeldestelle des Landes.

Stuttgart-Mühlhausen - Die Maßnahmen zum Bau des Schlingnatter-Biotops im Feuerbachtal beschäftigen immer noch die Ämter. Auch Naturschutzwart Jürgen Gesierich hat bei Oberbürgermeister Fritz Kuhn schriftlich nachgehakt. Stadtsprecher Sven Matis hat nun auf Anfrage unserer Zeitung zum Rainwald und zur nahen Mäurachklinge in Absprache mit dem Regierungspräsidium Stuttgart geantwortet.

 

Das Untere Feuerbachtalgehört mit einer Fläche von 50 Hektar zu den wichtigen Naturschutzgebieten in der Landeshauptstadt, erklärt Matis. Zahlreiche seltene und schützenswerte Pflanzen- und Tierarten, darunter mehr als 330 verschiedene Pflanzen und über 60 Vogelarten, sind dort beheimatet. Fachleute hätten allerdings festgestellt, dass das Gebiet ziemlich verwildert sei. „Es war nun wichtig einzugreifen, damit mehr Sonnenlicht bestimmte Pflanzen erreicht. Das nutzt nicht nur diesen, sondern auch bestimmten Insektenarten. Ziel der Maßnahmen ist es, dass das Gebiet insgesamt wieder aufblühen kann“, sagt Matis.

Im vergangenen Jahr gab es im Rainwald einen größeren Holzeinschlag, der den Bürgerverein Mühlhausen und den Naturschutzwart überrascht hat. Wie es nun zu dem radikalen statt sukzessiven Eingriff in dem Bereich kommt, in dem auch ein bis zu 80-jähriger Baumbestand betroffen sei, erklärt Matis: „Die Pflegemaßnahmen im Naturschutzgebiet Unteres Feuerbachtal sind auf Grundlage der Empfehlungen des Pflege- und Entwicklungsplanes für das Gebiet von der höheren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Stuttgart beauftragt und werden auch von dort bezahlt. Dies gilt mit Ausnahme des Holzeinschlags entlang der Bachhalde, der der Herstellung der Verkehrssicherheit und der Vorbereitung der Anlage der neuen Trockenmauer im Schlingnatter-Biotop dient.“ Der Bau des Biotops in der Bachhalde am Rainwald koste rund 20 000 Euro. Die Trockenmauer befinde sich derzeit im Bau. Die Holzeinschläge im Rainwald seien hingegen abgeschlossen. Wie viele Bäume gefällt worden sind, habe man nicht gezählt, erklärt Matis. Und nun? „Es wird wohl keine Erosion geben, die Experten erwarten eine natürliche Begrünung“, so Matis.

Ist die Zerstörung eines geschützten Biotops generell rechtmäßig?

Die Trockenmauer war zusammengebrochen und provisorisch mittels einer Plane gesichert worden. Jetzt werde sie weiter oben an den Hang verlegt. Durch regelmäßige Pflege soll der Bereich von Stockausschlägen freigehalten werden. Dadurch werde dieser in einem für die Schlingnatter geeigneten Zustand erhalten. Die Mauer wird laut Stadt traditionell mit Sichtfläche, Hintermauerung und einem Schotter-Fundament errichtet. Die Bauaufsicht liege beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt. Auf die Frage zur Nachhaltigkeit des Einschlags, erklärt Matis: „Verkehrsgefährdende Bäumen mussten an der Bachhalde entfernt werden. Diese Maßnahme wird auch in Zukunft wiederholt, um die Sicherheit dauerhaft zu gewährleisten.“

Und was geschah an der Mäurachklinge unweit vom Rainwald? Dort wurden Robinien mit Ringen versehen und so am Stamm beschädigt. Welchem Zweck dies diente, erklärt Matis wie folgt: „Laut Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet sollen die Robinien zurückgedrängt und dadurch die standortheimischen Baumarten in dem Feldgehölz gefördert werden. Das Ringeln und das Fällen in dem darauf folgenden Jahr ist die von der Universität Hohenheim entwickelte Methode für diese nicht standortheimische und meist sehr dominante Baumart.“ Gesierich zeigt sich verwundert. Er hat in einem Schreiben an die Umweltmeldestelle der Landesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass im Robinien-Feldgehölz in der Mäurachklinge – nach Paragraf 24a/30 in einem geschützten Biotop – der gesamte Robinienbestand (etwa 60 Exemplare) bis auf das Holz geringelt wurden, sodass die Pflanzen absterben. Robinien seien, so Gesierich, in wärmebegünstigten Gebieten Baden-Württembergs eingebürgert, in der Klinge standortgemäß und wertvolle Nahrungspflanzen von Bienen und Wildbienen.

Das Absterben der circa 70 Jahre alten Bäume werde zu dichtem Stockausschlag führen, der gesetzliche Schutzstatus sei damit verloren. Jürgen Gesierich fragt sich indes, was für ein Biotop entstehen soll und ob die Zerstörung eines geschützten Biotops generell rechtmäßig sei.