Vier Stuttgarter Baugenossenschaften plädieren in einem Brandbrief für niedrige Mieten im Neubaugebiet Neckarpark. Sie unterschreiben deshalb einen Kaufvertrag für zwei Grundstücke nur, wenn die Stadt eine günstige Lösung des Stellplatzproblems anbietet.

Stuttgart - Bei den Gemeinderatsfraktionen häufen sich die Brandbriefe. Nach dem von der Insolvenz bedrohten Theaterhaus haben sich nun jene vier Baugenossenschaften zu Wort gemeldet, die im Cannstatter Neckarpark 105 günstig zu mietende Wohnungen bauen wollen. Sie sehen dieses Ziel in weite Ferne rücken. In einem Schreiben haben sie vor der Beschlussfassung über den Bebauungsplan am Donnerstag nun sogar mit Boykott gedroht: Der Kaufvertrag würde nur unterschrieben, wenn es bei der Stellplatzfrage eine kostenneutrale Lösung gebe. Die Kritik ist deutlich: Man habe sich auf die Ausschreibung der Stadt verlassen. Mit jeder weiteren Verteuerung des Bauvorhabens, jeder zusätzlichen Zahlung der Käufer an die Stadt und jeder weiteren Auflage „entfernen wir uns immer weiter von dem gemeinsamen Ziel der Schaffung bezahlbaren Wohnraums“. Natürlich könne man im Neckarpark für 16 bis 20 Euro Miete pro Quadratmeter Wohnungen bauen, sagt Josef Vogel von der Landesbaugenossenschaft (LBG), die mit den Kollegen aus Bad Cannstatt, Münster und Luginsland das Konsortium bildet; nur widerspräche dies dem Bedarf in Stuttgart und dem Betriebszweck der Unternehmen. Sie verlangen von ihren Mietern im Schnitt sieben bis acht Euro pro Quadratmeter.

 

Tiefgarage zu klein für 105 Autos

Hintergrund der Auseinandersetzung ist der Widerspruch, dass für jede der 105 Wohnungen in der Tiefgarage des Komplexes ein Stellplatz vorgeschrieben ist – obwohl dafür nicht genügend Raum vorhanden ist. Die leichteste Übung wäre, nur drei Stellplätze für vier Wohnungen vorzuschreiben. Die Stadt favorisiert allerdings die für die Käufer teurere Lösung, in der kommunalen Quartiersgarage die fehlenden 30 Stellplätze auszuweisen, was das Projekt aber um eine Million Euro verteuern würde. Erworben hätten die Genossenschaften diese Stellplätze damit aber nicht. Die Geschäftsführer der Unternehmen stellten außerdem fest, dass sich zumindest im konkreten Fall ökologisches und günstiges Bauen ausschließen würden. So seien die Stadt die Kosten für die Anschlüsse der Versorgungsleitungen schon doppelt so hoch wie im Exposé. Fassadenbegrünung müsse man sich leisten können, deren Pflegekosten würde die Mietenbenkosten in die Höhe treiben. Der verzögerte Baubeginn um zwei Jahre sei wegen der steigenden Baukosten ebenfalls ein Preistreiber. Die Vergünstigung von 800 Euro beim Grundstücks-Quadratmeterpreis (1200 statt 2000 Euro) würde dadurch aufgezehrt. In dem von den Vorständen der Baugenossenschaft Bad Cannstatt, Peter Hasmann und Thomas Kermes, verfassten Brandbrief wird dem Stadtplanungsamt vorgeworfen, den Stellplatzschlüssel nicht von 1,0 auf 0,75 verändern zu wollen, während es in der Keltersiedlung in Zuffenhausen und dem Schoch-Areal in Feuerbach vorexerziert werde. Dort bauen die städtische Wohnungsbautochter SWSG und die Baugenossenschaft Neues Heim.

Wohnungen zu reduzieren ist keine Lösung

Die Kaufinteressenten sehen die Befreiung vom Stellplatzschlüssel als weitere Möglichkeit an, bezahlbaren öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen. Sie verweisen auf einen Beschluss des „Bündnisses für Wohnen“, der „eine Überprüfung und Reflexion der bisherigen Vorgehensweisen, Standards und Regeln“ empfiehlt. Dazu zählt explizit eine kommunale Satzung zur Reduzierung der nachzuweisenden Pkw-Stellplätze. Inakzeptabel sei die Alternative, weniger, dafür größere Wohnungen zu bauen. Das gehe am Bedarf vorbei, heißt es in dem Schreiben. Aus Kostengründen würden auch Maßnahmen wie automatische Parksysteme oder Doppelparker (zwei Autos übereinander) abgelehnt. Das sei im öffentlich geförderten Wohnungsbau finanziell nicht darstellbar.