Die Graffiti-Truppe „One, Two, Splash“ hat die Umspannstation Grenzstraße neu gestaltet.

Stuttgart-Zuffenhausen - Die Kreuzung zur Schwieberdinger Straße ist keine der schöneren Ecken im Stadtbezirk. Nun ist sie aber ein wenig bunter: Die Graffiti-Sprayer Georg Waibel, Philipp Becker, Lucas Wurmbach und Nick Gutekunst alias „One, Two, Splash“ haben am Dienstag die Umspannstation Grenzstraße 2/1 der Stuttgart Netze GmbH verschönt. Wo es zuvor nur grau und grauer gab, zieren nun Plastikstuhl, Autoreifen und Riesenzahnbürste in pastelligen Tönen den Kubus, in der die Stromspannung von 10 000 auf 400 Volt reduziert wird – buchstäblich für den Hausgebrauch. Seitlich am Gebäude prangt überdies der Schriftzug „Rethink“, also „Denk mal drüber nach.“

 

Anders als an anderen Standorten, an denen etwa ein Bezug zum historischen Umfeld geschaffen werden soll, habe Stuttgart Netze den Sprayern hier freie Hand gelassen, was Motiv und künstlerische Ausführung angeht, erzählt Sprecher Moritz Oehl. Das neue Graffiti soll nun nach dem Willen von „One, Two, Splash“ auch zum Umdenken in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit aufrufen. Das wirft Fragen auf, weil Lacksprays kaum die umweltfreundlichsten aller künstlerischen Medien sind. Das stimmt, gibt Philipp Becker zu: „Wir sehen das selbstironisch, malen auch ein paar Spraydosen dazu.“ Außerdem habe man eigens den Untergrund gestrichen, nicht gesprayt. Lange standen Graffiti vielen Leuten für das mutwillige Verschandeln von Fassaden. Doch es hat sich über die Jahren eine eigene, sehr urbane Kunstform daraus entwickelt, die nichts mit Wandschmiereien zu tun hat. „Inzwischen werben fast alle großen Firmen damit“, berichten Becker und Wurmbach, die beide auch als selbstständige Kommunikationsdesigner tätig sind. Andererseits gebe es in Stuttgart auch nur wenige offiziell ausgewiesene Flächen für legales Sprayen und gerade Nachwuchssprayer halten sich sich nicht immer an die Vorgaben.

Die Kooperation mit „One, Two, Splash“ sei über Florian Schupp von der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft zustande gekommen, erzählt Oehl: Dieser koordiniere solche legalen Sprayaktionen, die oft auch Aufträge von Firmen sind. Zwei bis drei Stationen lässt Stuttgart Netze jährlich gestalten und so ein Graffiti ist auch für sie ein doppelter Gewinn: Erstens ist es gut fürs Image, wenn städtische Schmuddelecken etwas freundlicher werden, und zweitens schreckt eine ansprechende Gestaltung die Sudler unter den Sprayern ab: „Ein gut gemachtes Graffiti verhindert über Jahre unerwünschte Schmierereien“, sagt Oehl.

Für die Sprayer selbst war die Arbeit an der viel befahrenen und recht lauten Ecke Zuffenhausens ein spannendes Erlebnis – in jeder Beziehung: „Erst wollten wir uns Musik mitbringen, aber man hört ja nichts.“ Der Standort hat aber auch den Vorteil, dass das Graffiti von vielen Menschen wahrgenommen wird. Wie Becker erzählt, habe ein Autofahrer sogar spontan angehalten und die Sprayer nach einer Visitenkarte gefragt.