Zum vierten Mal ist der Spezialagen Ethan Hunt im Einsatz – und klettert gleich mal in Dubai den größten Wolkenkratzer hoch. Außen an der Fassade, versteht sich.

Stuttgart - Es gibt viele gute Gründe, in großen Gebäuden nicht den Personenaufzug nehmen zu wollen – vom Rasierwassergeschmack Mitfahrender angefangen bis zur Chance, stundenlang zwischen Himmel und Tiefgarage festzustecken. Aber es gibt verdammt wenig Alternativen. Tom Cruise zeigt in „ Mission: Impossible – Phantom Protocol“, dem vierten Teil der Agentenfilmreihe, eine davon. Er kraxelt in der Rolle des Superagenten Ethan Hunt mit Hilfe elektromagnetischer Hafthandschuhe an der Glasfassade des Burj Khalifa, des höchsten Gebäudes der Welt in Dubai, empor. Allerdings beginnt während Hunts heikler Stubenfliegenimitation einer der Handschuhe zu zischen, zu stottern und zu flackern wie eine No-Name-Bohrmaschine vom Discounterwühltisch bei der Begegnung mit Tresorstahl.

 

Der Regisseur Brad Bird , der nach Brian De Palma, John Woo, J. J. Abrams sein Händchen für „Mission: Impossible“ erproben darf, legt hier sein Grundverständnis der Serie offen. Ja, er will einen spektakulären Stunt- und Hightechthriller inszenieren. Aber er will auch wie im Cartoon beständig die Rebellion der kleinen Dinge gegen die großen Helden erzählen.

Pläne und Technik sind hier durchweg fehlerhaft. Sogar der legendäre Gesichtsmaskenfräser, ein Laserpräzisionsgerät, das die Agenten mit fremden Identitäten ausstattet, versagt hier nach drei Vierteln seiner Arbeit. Hunt und seine Kollegen, alle Meister mindestens eines Faches, halten nun eine perfekte Tarnung mit einem perfekt unbrauchbaren Rest in Händen.

Das kann doch kein Kinozuschauer mehr ernst nehmen

Das ist so subversiv gemeint, wie es sich anhört. Brad Bird, Jahrgang 1957, kommt vom Animationsstudio Pixar, wo er unter anderem „The Incredibles“ und „Ratatouille“ verantwortet hat, zuvor war er auch mal mit den „Simpsons“ beschäftigt. Die alte Fernsehserie, auf der „Mission: Impossible“ beruht, war noch sehr stolz auf die Wunder amerikanischer Technik, auf die überlegenen Tüfteleien des Westens. Bei Bird erinnert jedes Gadget an die Gerätschaften, die Trickfilmtiere wie Wile E. Coyote in den alten Warner-Cartoons von der Firma Acme bezogen, um die anderen damit zu bekriegen. Im Moment, in dem wir so ein Wunderwerk sehen, dürfen wir überlegen, in welche Schwierigkeiten es seinen Benutzer wohl bringen wird.

Für diesen Humor ist Bird bereits von einigen Kritikern getadelt worden: „Mission: Impossible“ könnte dem James-Bond-Franchise Paroli bieten, aber Bird führe das Ganze in die Albernheit und ramponiere die Reihe. Das ist wunderlich argumentiert, reagiert Bird doch nur auf die immanente Absurdität des Agentenspektakels.

Terroranschlag auf den Kreml

Man kann die Handlung von „Mission: Impossible – Phantom Protocol“ denn auch gar nicht detaillierter nacherzählen, ohne dass die Tastatur wimmernd den Fingern auszuweichen versucht. Kurz gesagt geht es um einen Terroranschlag auf den Kreml, der den Amerikanern in die Schuhe geschoben wird. Hunt und sein Team müssen die wahren Täter überführen, weil sonst ein Weltkrieg droht. Kein Kinozuschauer nimmt so etwas mehr ernst. Der Handlungsfaden ist hier nur noch die möglichst dünne Schnur, an der die Stunts, Tricks und Feuerwerkseinlagen über die Leinwand gezogen werden.

Birds Fehler ist also nicht, dass er diesen Agententraum als Nonsens kenntlich macht, dass er etwa dem britischen Komiker Simon Pegg in der Rolle des Technikspezialisten ulkige Auftritte erlaubt. Sein Fehler ist, dass er dieses Inszenierungsprinzip nicht auf die Spitze treibt, dass er den Film in Szenen Tempo verlieren lässt, in denen die Figuren vergeblich so tun, als hätten ihre Gefühle und Konflikte Gewicht, als hätten ihre Krisen etwas zu bedeuten. In solchen Momenten überlegt man dann, wie viel komischer der Trubel wohl wirken würde, hätte man ihn gleich als Animationsfilm bei Pixar in Auftrag gegeben.

Mission Impossible – Phantom Protocol. USA 2011. Regie: Brad Bird. Mit Tom Cruise, Jeremy Renner, Simon Pegg, Paula Patton. 133 Minuten. Ab 12 Jahren.Cinemaxx Mitte und SI, Gloria, Ufa, OF Corso