Die neue Wache des DRK-Kreisverbandes in Murr löst massive Proteste bei den Anwohnern aus. Nun stellt sich heraus: Das Gebäude wurde ohne Genehmigung des Landratsamtes errichtet.

Murr - Die geplante DRK-Rettungswache im Ziegeleiweg in Murr löst schon länger Widerspruch in der Nachbarschaft aus. Jetzt hat sich herausgestellt, dass der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes das Domizil ohne Baugenehmigung in Betrieb genommen hat. Das bestätigte Andreas Fritz, der Sprecher des Landratsamtes Ludwigsburg, auf Nachfrage unserer Zeitung. Seine Behörde wisse das seit wenigen Tagen: „In Ordnung ist dies sicher nicht – deshalb ist die Genehmigung schnellstmöglich nachzuholen.“

 

Im Hinblick auf die Versorgungsfunktion der Rettungswache habe das Landratsamt aber bisher darauf verzichtet, die Nutzung des Gebäudes zu untersagen.

Darf das DRK dort Rettungswagen stationieren?

Der DRK-Kreisverband will die Rettungswache von Marbach nach Murr verlegen, um die Hilfszeiten im Bottwartal zu verbessern. Früher geplante Standorte wie etwa der am Steinheimer Bahnhöfle zerschlugen sich. „Ein Neubau wäre zu teuer gewesen“, sagt Manfred Hormann, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes in Ludwigsburg. Deshalb habe man sich für den Standort im Ziegeleiweg entschieden und betreibe ihn probeweise seit Dezember. Juristisch gelte immer noch Marbach als offizieller Standort, doch würden die Rettungswagen dort nur über Nacht stehen. Von morgens bis abends halten sich die DRK-Mitarbeiter laut Hörmann bereits im Ziegeleiweg in ehemaligen Personalräumen eines früheren Gewerbebetriebs auf. Die Räume müssten noch für die vollständige Inbetriebnahme umgebaut werden.

Ob das DRK überhaupt Rettungswagen dort stationieren dürfe, so lange die Personalräume noch nicht eingerichtet seien, werde überprüft, kündigte der Landratsamtssprecher Andreas Fritz an. „Das Baugesuch sieht Ruhe- und Sozialräume jedenfalls vor. Den tatsächlichen Zustand werden wir bei einer Baukontrolle in den nächsten Tagen aufnehmen.“

Anwohner fürchten ständigen Lärm

Anwohner hatten zuletzt in der Bürgerfragestunde des Murrer Gemeinderates massiv Kritik geäußert. Sie befürchten, dass es zu Lärmbelästigungen durch das Martinshorn der Einsatzfahrzeuge komme und dass Kinder in dem benachbarten Wohngebiet durch schnell fahrende Rettungswagen auf dem rund 200 Meter langen Weg zur Steinheimer Straße gefährdet werden. Außerdem sei die Verkehrslage in dem Tempo-30-Bereich beengt. Der Technische Ausschuss des Gemeinderats hatte das Projekt baurechtlich bewilligt, aber nur unter der Auflage, dass der Lärmschutz eingehalten werde und die Umgebung für ein solches Projekt baurechtlich überhaupt geeignet für eine Rettungswache sei.

„Es ist sicher nicht der optimale Standort, darüber kann es keine zwei Meinungen geben“, sagt der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch. Er kenne keinen Anwohner, der die Wache dort haben wolle, und hält es für berechtigt, dass die Anwohner ihr Missfallen kundtun. Allerdings werde auch der Allgemeinheit geholfen, wenn sich die Hilfszeiten der Rettungsfahrten verkürzten. Es sei Sache des Landratsamtes, den widerrechtlichen Betrieb zu regeln.

DRK-Geschäftsführer sieht erste Erfolge

Dass der provisorische Betrieb bereits zu ersten Erfolgen geführt habe, berichtet wiederum der DRK-Kreischef Manfred Hormann. „Bei einem Rettungsfall in Steinheim im Dezember waren wir in dreieinhalb Minuten vor Ort“, erzählt er. Auch hätten sich die Hilfszeiten im gesamten Landkreis Ludwigsburg verbessert, seitdem in Remseck und Murr von neuen Standorten aus gestartet werde.

Im Kreis lag die Maßgabe, innerhalb von bis zu 15 Minuten bei Notfällen zu erscheinen, bisher lediglich zu 93 Prozent erfüllt. Sie soll laut Gesetz bei 95 Prozent liegen. Die Nachbarn bittet er darum, auf die Professionalität der Mitarbeiter des Roten Kreuzes zu vertrauen. Die Situation sei vergleichbar mit der am Bietigheimer Krankenhaus. Auch dort würden die DRK-Fahrer das Alarmsignal erst einschalten, wenn sie auf der Hauptstraße seien.

Hormann: Besser vorher mit Nachbarn reden

Als er sich für das Haus im Ziegeleiweg entschieden habe, sei der Status des eingeschränkten Gewerbegebietes für ihn ausschlaggebend gewesen, versichert Hormann. Er räumt ein, dass es besser gewesen wäre, wenn das DRK vorher mit den Nachbarn geredet hätte, die im Zweifel durch die Einsatzfahrten belästigt würden. Im Übrigen habe nicht das DRK, sondern der Bereichsausschuss des Landkreises Ludwigsburg auf eine zeitnahe Lösung für bessere Hilfszeiten gedrängt, stellt Manfred Hormann klar. Auf lange Sicht hoffe man, eventuell bei einem Ärztehaus-Projekt der Stadt Steinheim in den nächsten Jahren einen besseren Standort für die Rettungsfahrzeuge zu bekommen.