Die Wirtschaftsministerin bringt mit den Arbeitgebern und der Bundesagentur für Arbeit Qualifizierungsverbünde auf den Weg. Gerade Mittelständler haben da Nachholbedarf. Fortbildungen sollen nicht mehr abhängig sein von der Größe des Betriebes.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hat ein Modellprojekt gestartet, um die Qualifizierung der Beschäftigten speziell in kleineren und mittleren Unternehmen zu forcieren. Neben ihrem Ministerium sind die Arbeitgeberverbände Südwestmetall und Südwesttextil sowie die Bundesagentur für Arbeit Träger des Projekts. Ziel ist es, dass sich die Unternehmen zu sogenannten Qualifizierungsverbünden zusammenschließen und gemeinsam Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten organisieren.

 

Zuerst sollen sechs Regionen beackert werden

„Wir haben schon eine gute Weiterbildungsquote im Land, doch einem bestimmten Teil der Beschäftigten kommt die berufliche Weiterbildung nicht zugute – daher müssen wir innovative Wege gehen, um mehr Betriebe und Beschäftigte zu erreichen“, sagte Hoffmeister-Kraut unserer Zeitung zum Start der zweijährigen Pilotphase in vorerst sechs Regionen (Stuttgart, Reutlingen, Rhein-Neckar, Ostwürttemberg, Ulm und Freiburg). Der Fokus liegt auf der Metall- und Elektroindustrie sowie der Textilindustrie.

Der Fachkräftemangel zwingt zum Handeln

Ihren Angaben zufolge, die auf Daten von 2017 basieren, liegt der Anteil der Beschäftigten, die mit Unterstützung ihres Arbeitgebers eine Weiterbildung erhalten, in Kleinbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten bei 29 Prozent – in größeren Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten aber bei 47 Prozent. Der Anteil der Betriebe, die ihren Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen anbieten oder die Teilnahme daran fördern, liegt unter den Kleinbetrieben bei etwa 50 Prozent, in größeren Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten jedoch bei fast 100 Prozent. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sprach Hoffmeister-Kraut von einem „enormen Druck“, das Potenzial auszuschöpfen.

Ziel sind dauerhafte Qualifizierungsverbünde

Das Bildungswerk der baden-württembergischen Wirtschaft wurde beauftragt, die Qualifizierungsverbünde zu etablieren. Verbundmanager sollen als Lotsen die Bedarfe identifizieren und mit den Unternehmen passende Maßnahmen erarbeiten. Erste Anfragen aus der Mitgliedschaft der Verbände deuteten auf ein „beachtliches Interesse“ an dem Konzept hin, sagte der Geschäftsführer des Bildungswerks, Stefan Küpper. Verstärkt geschult werden sollen nicht nur Fach- und Führungskräfte, sondern auch an- und ungelernte Beschäftigte – in Einzelfällen Arbeitslose und Jugendliche ohne Ausbildung.

Das Projekt wird zunächst mit 2,1 Millionen Euro für zwei Jahre finanziert, die zu 50 Prozent von der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit sowie zu je 25 Prozent vom Wirtschaftsministerium und den beiden Arbeitgeberverbänden kommen. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert sowie bei Bedarf verlängert. Ziel ist eine Verstetigung der Qualifizierungsverbünde ohne öffentliche Förderung.