Die Region möchte in kleineren Städten und im ländlichen Raum dezentrale Arbeitsplätze schaffen – und verspricht sich vom so genannten Coworking Vorteile für Arbeitnehmer, Umwelt und Verkehr. Nun werden Firmen dazu befragt.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Dass das Homeoffice für viele Menschen Vorteile hat, bestreitet niemand. Aber nicht jeder Mitarbeitende eines Unternehmens besitzt daheim optimale Voraussetzungen, um qualitativ hochwertige Arbeit abliefern zu können. Mal scheitert es an einem nicht stabilen Internet-Zugang, mal an passenden Räumen, ohne die ungestörtes Arbeiten nicht möglich ist.

 

Jetzt will die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) noch einen Schritt weitergehen, um über das bestehende Angebot hinaus geeignete Arbeitsplätze für Menschen in der Region zur Verfügung stellen zu können. Auf Antrag des FDP-Fraktionschefs Kai Buschmann und seinen Regionalratskolleginnen arbeitet die WRS an einem Büro- und Co-Working-Konzept für die Nutzung von neuen oder momentan ungenutzten Arbeitsplätzen in den mittleren und kleineren Städten der Region und im ländlichen Raum. „Wenn wir es tatsächlich schaffen, solche neuen Arbeitsplätze zu schaffen, werden davon alle Beteiligten profitieren“, sagt Walter Rogg, der oberste Wirtschaftsförderer der Region Stuttgart.

Flexible Arbeitsplätze für Pendlerinnen und Pendler

Gedacht ist an zwei Varianten: die Schaffung neuer Büroflächen und die Nutzung bestehender Räume. Unter dem Schlagwort Next Offices sollen – zunächst in ausgewählten Klein- und Mittelzentren der Region – Bürostandorte mit flexiblen Arbeitsplätzen für Pendlerinnen und Pendler eingerichtet werden. Um solche Standorte zeitnah schaffen zu können, arbeitet die WRS eng mit den Organisatoren der Internationalen Bauausstellung IBA Stuttgart 27 zusammen. Ziel ist es, solche neuen Arbeitsplätze in einzelnen IBA-Projekten zu realisieren.

Arbeitgeber, so die Idee, sollen ein Flächenkontingent in einem oder mehreren der Next-Offices-Gebäude anmieten und ihren Mitarbeitenden anbieten, an einem oder mehreren Tagen pro Woche nicht am Stammsitz, sondern in einer Pendlerstation in der Nähe ihres Wohnorts zu arbeiten. Die Vorteile eines solchen Angebots liegen für Walter Rogg auf der Hand: „Die Mitarbeiter sparen viel Zeit und können trotzdem in einem professionellen Umfeld mit einer perfekten Infrastruktur arbeiten.“ Zum einen gebe es eine strikte Trennung von Privat- und Berufssphäre. Zum anderen sorge ein solches Angebot für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit für eine höhere Lebensqualität.

Höhere Attraktivität der Arbeitsplätze

Positiv aus Sicht der Arbeitgeber ist, dass sie mit solch flexiblen Arbeitsplatzangeboten Fachkräfte enger an das Unternehmen binden und die Attraktivität der angebotenen Arbeitsplätze deutlich erhöhen können. Es entstehe darüber hinaus ein kreatives Ambiente für Projektteams, zumal die Next Offices um Co-Working-Spaces für Kreative, Freiberufler und Start-Up-Unternehmen ergänzt werden sollen. In der Vorlage heißt es weiter: Ergänzende Angebote wie Cafés, Kinderbetreuungseinrichtungen, Elektromobilitätsangebote machten Pendlerstationen zu Kristallisationspunkten der kleinräumigen Entwicklung.

Die Städte im Umland wiederum profitieren von wohnortnahen Arbeitsplätzen. Das steigere, sagt Walter Rogg, deren Attraktivität und stärke die Kaufkraftbindung der Bevölkerung. Letztlich sorgten solche Arbeitsplätze dafür, dass sich die Bevölkerung auch stärker mit ihrer Region identifiziere.

Eine Plattform für alle Anbieter als Ziel

Stuttgart selbst werde durch solche Next Offices entlastet. Das Verkehrsaufkommen durch Pendler werde reduziert. Auch sinke der Flächenbedarf in den ohnehin schon belasteten zentralen Lagen.

Eine zweite Idee zur Schaffung neuer Arbeitsplatzangebote ist es, dass Unternehmen Teile ihrer zumindest aktuell nicht mehr benutzten Büroflächen an andere Firmen vermieten. Diese sollen dann ihrerseits in den bestehenden Büroräumen Co-Working-Spaces und Angebote für Pendlerinnen und Pendler schaffen können. Auf diesem Feld arbeitet die WRS mit dem Institut für Industrial Real Estate Management (Irem) der Universität Stuttgart zusammen. Der Bauökonom Professor Christian Stoy begleitet aktuell ein Pilotprojekt auf diesem Gebiet, das sich allerdings ein wenig von der von der WRS verfolgten Idee unterscheidet: Denn im Pilotprojekt kooperieren zwei bereits in engem Austausch stehende Unternehmen.

Ziel des WRS-Projekts ist es, eine Plattform zu schaffen, die alle Co-Working-Möglichkeiten in der Region Stuttgart auflistet und auf die Anbieter von Büroräumen wie Interessenten ohne große Hürden zugreifen können. Bevor diese Pläne realisiert werden können, will die WRS mit einer Umfrage klären, ob es überhaupt Interesse von Unternehmen gibt, ihre Flächen an Dritte zu vermieten. Sollte das der Fall sein, sollen die Ideen vorangetrieben werden. 100 000 Euro hat die Regionalversammlung den Machern dafür zur Verfügung gestellt.